„Ich musste sofort schnelles Kraulen lernen“

Vorarlberg / 12.11.2013 • 19:45 Uhr
„Das Schanzenprojekt Montafon wurde vor meiner Zeit beschlossen“: Bernadette Mennel im Gespräch mit VN-Redakteuren. Foto: VN/Paulitsch
„Das Schanzenprojekt Montafon wurde vor meiner Zeit beschlossen“: Bernadette Mennel im Gespräch mit VN-Redakteuren. Foto: VN/Paulitsch

Ein turbulentes erstes Amtsjahr hat Bernadette Mennel als Schullandesrätin hinter sich.

Bregenz. Heute feiert die Juristin und frühere Landtagspräsidentin Bernadette Mennel ihr einjähriges Jubiläum als Landesrätin. Sie trat damals die Nachfolge von Langzeit-Landesrat Siegmund Stemer (62) an, der aufgrund der Vorfälle im Sportservice seinen Rücktritt erklärte. Eine Eingewöhnungsphase war der Bregenzerin nicht vergönnt – sie war vom ersten Tag an gefordert.

Wie sieht Ihre Bilanz nach einem Jahr im Amt aus?

Mennel: Es war auf alle Fälle eine große Herausforderung, ein sehr intensives Jahr. Aber das Amt macht mir sehr viel Freude. Weil gerade der Bildungsbereich, aber auch der Sport eine Zukunftsaufgabe ist. Eine gute Bildung ist ein wertvoller Beitrag für die Zukunft der Gesellschaft. Und wenn man die Möglichkeit hat, diesen Bereich mitzugestalten, dann ist das eine sehr schöne Aufgabe.

Inwiefern haben die Begleitumstände Ihres Amtsantritts dieses erste Jahr geprägt? Vorgänger Stemer ging ja nicht ganz freiwillig.

Mennel: Da musste ich schnelles Kraulen lernen. Ich bin ins Wasser hineingesprungen. Vor allem im Sportbereich musste ich rasch Schlüsselpositionen neu besetzen. Es war mir sehr wichtig, dass diese mit guten Leuten besetzt wurden. Ich glaube, das ist gelungen. Sebastian Manhart als neuer Geschäftsführer Sportservice und Michael Zangerl als neuer Sportamtsleiter haben sich mit viel Engagement eingestellt.

Man kategorisiert eine Bilanz gerne in Highlights und Tiefpunkte. Wie sieht das erste Jahr für Sie aus?

Mennel: Ein Highlight für mich war die Lösung des Problems mit den Volksschulen. Da sind viele Lehrer und Direktoren auf mich zugekommen und haben geklagt, dass sie überlastet sind. Ich war auf vielen Versammlungen und habe mir ein Bild gemacht. Es ist dann nach wenigen Monaten gelungen, eine Lösung herbeizuführen. Es wurden 3,4 Millionen Euro in Entlastungsmaßnahmen bei Verwaltung und in pädagogische Ressourcen investiert. So gibt es jetzt drei zusätzliche schulautonome Stunden für Schwerpunktsetzungen an den einzelnen Schulen und einen Stundenpool von 140 Stunden, aus dem Schulen bei speziellen Herausforderungen schöpfen können. Als Tiefpunkt fällt mir der Besuch am Gymnasium in Lustenau ein, wo es offiziell kein Verständnis für unser angedachtes Projekt gab. Inoffiziell haben mir dort tätige Lehrer jedoch andere Haltungen offenbart. Auch die Ergebnisse des ersten Bildungsstandard-Tests haben mir keine Freude bereitet. Andererseits gab uns das die Chance, ein Forschungsprojekt in die Wege zu leiten. Und das ist einzigartig. Ich bekomme Nachfragen aus anderen Ländern zu diesem Projekt. 22.000 Fragebögen wurden an Eltern, Lehrer und Schüler versandt. Wir versuchen damit, Vorstellungen über die Schule der Zukunft auszuloten.

Die Ergebnisse fließen dann nicht nur in einen Bildungsbericht ein, sondern kommen dann auch anonymisiert an die Schulen selbst. Das Forschungsprojekt ist mit 100.000 Euro budgetiert.

Sind wir der Gesamtschule jetzt näher als noch vor kurzer Zeit?

Mennel: Ich finde, dass der in Vorarlberg eingeschlagene Weg der richtige ist: Genaue Analyse und Miteinbeziehung der Betroffenen. Das Projekt ist sehr umfassend angelegt: Es beinhaltet die Themen Gesellschaftliche Entwicklung, Pädagogik und Schulorganisation. Insgesamt sind 30 Bildungsexperten mit dem Forschungsprojekt beschäftigt. Bis Ende 2014 sollen die Ergebnisse der Umfrage und im März 2015 der Gesamtbericht am Tisch liegen.

Wie regional kann Bildung und Bildungspolitik sein?

Mennel: Wir müssen als Land auf alle Fälle die Spielräume, die wir zur Verfügung haben, voll nützen. Wir haben zum Beispiel auch den Bürgerrat mit diesem Thema konfrontiert, und dabei ist vor allem eines wieder klar geworden: Dass Bildung bereits im Elternhaus stattfindet. Auch der Stellenwert der Frühpädagogik wurde erkannt. Wir haben jetzt als Land auch eine Personalkostenrichtlinie für Kindergärten zusammengebracht, die es Kindergärten ermöglicht, noch flexibler zu agieren. Aber natürlich ist der Bund bei großen Dingen wie Dienst- und Besoldungsrecht oder Pädagogenausbildung dringend gefordert.

Hätten Sie als Landesrätin ein Projekt wie jenes der Schanzen im Montafon, das jetzt Mehrkosten von mindestens drei Millionen Euro aufweist, abgesegnet?

Mennel: Das möchte ich jetzt nicht beantworten. Das bringt auch nichts. Das Schanzenprojekt wurde vor meiner Zeit einstimmig von Regierung und Landtag beschlossen. Das Projekt ist so weit fortgeschritten, dass es zu Ende gebracht werden muss. Entstandene Mehrkosten in dieser Größenordnung sind bitter. Aber jetzt muss der Blick nach vorne gerichtet werden. Es freute mich, dass Ernst Vettori das Projekt bei der Firstfeier gelobt hat.

Welche Schwerpunkte möchten Sie im Sport 2014 setzen?

Mennel: Die Neubewertung des Vorarlberger Sportkonzepts sowie die Vorbereitungen für die Jugend-Winterspiele 2015, die Weiterentwicklung der Förderrichtlinien sowie Initiativen im Breitensport.