Eichpflicht für Schulwaagen?
Als vor einigen Wochen das kleine Liechtenstein bekannt gab, sich an der nächsten PISA-Studie nicht mehr beteiligen zu wollen, gab es in Vorarlberg Kopfschütteln. Mittlerweile wissen wir, dass auch Österreich beim nächsten Mal nicht mehr dabei sein wird. Grund dafür soll das Datenleck beim Bundesinstitut für Bildungsforschung sein, wo Hunderttausende geheime Testdaten das Licht der Öffentlichkeit erblickt haben. Wenn immer alles zentral gespeichert und geregelt werden muss, wirkt sich ein einziger Fehler eben fatal aus.
Unsere Ministerien haben vor einigen Tagen aber noch ein weiteres gelungenes Beispiel für den Zentralismus, der die Verwaltung beherrscht, geliefert:
Zuerst informierte das Wirtschaftsministerium das Bildungsministerium in einem Schreiben darüber, dass „die für schulärztliche Untersuchungen verwendeten Waagen“ gemäß § 11 Z. 2 a) des Maß- und Eichgesetzes einer Eichpflicht unterliegen würden und setzte in perfektem Amtsdeutsch fort: „Das Einhalten dieser Verpflichtung soll von der Eichbehörde auch an Schulen in Hinkunft regelmäßig kontrolliert werden.“
Mit dem Hinweis, dass diese „Rechtsansicht (des Wirtschaftsministeriums) kaum zu beanstanden sein wird“, bat nun das Bildungsministerium die Landesschulräte in einem weiteren Schreiben, alle Schulleitungen Österreichs (das sind über 5000) anzuschreiben und ihnen mitzuteilen, dass eine Schulwaage um wohlfeile 331,5 Euro exkl. Mehrwertsteuer bei der Bundesbeschaffungsagentur erworben werden könne. Das ist freilich noch nicht alles, schließlich kommen noch 46 Euro für die Eichung durch das Eichamt und 85,5 Euro für die Ausstellung der Bescheinigung über die Eichung dazu, jeweils ohne Mehrwertsteuer.
Die Leistungen unserer Schüler werden also in den nächsten Jahren nicht gemessen werden, wohl aber ihr Gewicht, und zwar mit Waagen, die immerhin 555 Euro gekostet haben werden (im Internet bekommt man schon um 200 Euro recht gute Waagen mit Körperfettanalyse). Wenn jede der über 5000 Schulen Österreichs eine solche Waage bestellt, kostet das die Steuerzahler etwa drei Millionen Euro. Darin sind die Kosten, die das bürokratische Hin und Her zwischen Ministerien, den Landesschulräten und Schulen verursacht, gar nicht eingerechnet.
peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus in Innsbruck.
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