Wölfe in Vorarlberg und die Angst vor einer Rudelbildung

Vorarlberg / 10.07.2014 • 19:23 Uhr

Lecher Wolf ist ein Italiener. War „Meister Isegrim“ auch in Schönenbach zugegen?

Bregenz. Die Vermutungen haben sich schon längst in Gewissheit verwandelt. In Vorarlberg streifen gelegentlich Wölfe durch unbewohnte Landstriche in höher gelegenen Gebieten. Naturbeobachter und Jäger berichten immer wieder von Begegnungen mit den Tieren. Vereinzelt konnten sie sogar bereits gefilmt und fotografiert werden. Ging man ursprünglich davon aus, dass Wölfe, und womöglich auch einmal Bären, nur in den Bereich Montafon oder den Nenzinger Himmel vordringen würden, so hat sich diese Vermutung nicht bestätigt. Wölfe haben zuletzt nahe dem Rheintal im Schweizer Appenzell Schafe gerissen. In Lech kam es zu einer dokumentierten Begegnung des wieder auftauchenden Räubers mit einem Jäger. Und auch in Schönenbach im Bregenzerwald will ein Jagdaufseher unlängst einen Wolf gesichtet haben.

Das Calanda-Rudel

Vom Lecher Wolf liegt mittlerweile das Ergebnis der DNA-Analyse eines Speziallabors in Lausanne vor. Die Analyse belegt, dass der Räuber von der Westalpenpopulation stammt. Das heißt: Er ist ein Italiener, stammt mutmaßlich vom Calanda-Rudel im Schweizerischen Graubünden ab. Die Wolfsfamilie ist im Calanda-Bergmassiv nahe Chur schon länger angesiedelt und hat bereits Nachkommen in dritter Generation. Jungwölfe machen sich von dort immer wieder selbstständig und begeben sich auf Wanderschaft. Dass ihre Wanderrouten auch Richtung Osten durch Vorarlberg führen, ist offensichtlich. Experten halten es nicht für ausgeschlossen, dass sich Wölfe irgendwann auch in Vorarlberg sesshaft machen könnten.

Versicherung

Diese Vorstellung gefällt Agrar- und Sicherheitslandesrat Erich Schwärzler (60) ganz und gar nicht. „Dass einzelne Wölfe gelegentlich durchs Land streifen, daran werden wir uns gewöhnen müssen. Darauf haben wir uns mittlerweile auch eingestellt. Aber ich will mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass sich bei uns im Land ein Wolfsrudel ansiedelt.“ Laut Schwärzler sei der Lebensraum in Vorarlberg für Wölfe nicht gegeben. Was aber, sollten sich die in unseren Breiten ausgestorben geglaubten Raubtiere nicht an den Wunsch des Landesrats halten und daran gehen, eine Familie zu gründen?

„Sollte das passieren, dann müssen wir uns grundsätzlich neu ausrichten“, so Schwärzler kryptisch. Dass Wölfe irgendwann gejagt werden sollten, will er damit nicht zum Ausdruck bringen. „Aber dann müssen wir uns vielleicht überlegen, ob wir Lebensraum wieder abgeben“, sinniert Schwärzler.
Gedanken hat man sich im Land bereits über eine Versicherung bei allfälligen Schäden durch Wolfsrisse gemacht. Diesbezüglich soll auch der Bund Verantwortung übernehmen.

An einzelne Wölfe auf Streifzügen müssen wir uns gewöhnen.

Erich Schwärzler

Wölfe in Vorarlberg

11. April 2014: In Tschagguns wird Kot gefunden, der einem Wolf zugeordnet wird. Hundertprozentige Klarheit bringt aber selbst die DNA-Probe nicht.

25. April 2014: Die VN veröffentlichen ein Foto des Feldkircher Hobbyfotografen Erwin Schuchter (60) von einem Wolf, den der Pensionist im Raum Nenzing gesichtet hat. Er schildert seine Begegnung mit dem Tier in allen Details. Wildbiologe Hubert Schatz (49) bestätigt: „Vorbehaltlich einer DNA-Bestätigung handelt es sich beim fotografierten Tier um einen Wolf.“

2. Juni 2014: Der Lecher Jäger Max Walch (28) kommt im Revier Zuppert nahe der Skiabfahrt Richtung Zug zu einem unvergesslichen Kontakt mit einem Wolf. Das Tier macht sich an einem von Walch gerade eben erlegten Junghirsch zu schaffen. Einem an den Ort des Geschehens gerufenen Freund des Jägers gelingen eindrucksvolle Bilder vom Wolf. Die Begegnung mit dem Raubtier dauert eine halbe Stunde. Danach zieht der Wolf ab.

4. Juni 2014: Im Bezirk Landeck in Tirol sind zwei Wölfe per DNA-Beweis identifiziert worden. Biologe und Wolf-Experte Reinhold Jäger glaubt, es könnte sich in der Großregion, Vorarlberg mit eingeschlossen, bald schon ein Rudel entwickeln.

17. Juni 2014: Ein Wolf, womöglich sogar mehrere, sorgen in Untereggen und Heiden, unweit der Vorarlberger Grenze, für große Aufregung. Sie reißen in diesen beiden Ortschaften im Appenzell insgesamt vier Schafe und stellen die örtlichen Bauern und Jäger vor ein Problem. Für Hubert Schatz ist nun klar: Ein wandernder Wolf kann durchaus sogar das Rheintal durchstreifen.

1. Juli 2014: Das Ergebnis der DNA-Analyse des Lecher Wolfs ist eingelangt. Bei diesem handelt es sich um einen sogenannten Italiener, mutmaßlich ein Abkömmling des Calanda-Rudels in Graubünden. In Schönenbach will ein Bregenzerwälder Jagdaufseher ebenfalls einen Wolf gesichtet haben.