Lernen an alten Mauern

Vier Vorarlberger Maurerlehrlinge restaurieren derzeit einen Teil der Burgruine Alt-Ems.
HOHENEMS. Unzählige Geschichten ranken sich um diesen Ort: Wilhelm III. wurde hier gefangen gehalten, der Grafensohn Konrad soll aus einem Tropfen Wasser den Burgbrunnen errichtet haben. Heute ist der Glanz alter Zeiten längst verblasst, doch auch knapp 900 Jahre nach Errichtung hat die Ruine Alt-Ems in Hohenems nichts an Faszination verloren.
Im Jahr 2005 begann der Verkehrsverein Hohenems damit, den von zahlreichen Kriegen gezeichneten Mauern zu neuem Glanz zu verhelfen. Das jüngste Projekt: „Double Check“, eine gemeinsame Initiative des Vereins und der Bauakademie Vorarlberg. Vier Maurerlehrlinge opfern seit Montag zwei Wochen ihrer Arbeitszeit, um unter Aufsicht des Sanierungsspezialisten Stephan Moosbrugger die Südmauer des Palas zu sanieren.
Nachwuchs gesucht
Omar Gebriel (17) aus Hohenems, Nino Seewald (16), aus Dornbirn, Sebastian Penz (20) aus Hörbranz und Marijo Krizanac (16) aus Schwarzach absolvieren aktuell ihr zweites Lehrjahr. Am Montag tauschten sie Baustaub gegen frische Luft. „Freiwillig“, wie Nino betont. Der Dornbirner ist von seiner Aufgabe sichtlich angetan: „Vielleicht lerne ich das auch einmal.“ Ein Satz, den Aufsichtsperson Stephan Moosbrugger gerne hört. Der Sanierungsspezialist ist einer von nur zwei Fachkräften im Land.
Die Arbeit auf der Ruine unterscheidet sich wesentlich von der auf der Baustelle. „Bis aufs Schaufeln, das müssen wir hier auch“, meint Marijo und grinst. Die kommerzielle Komponente fehlt hingegen völlig, wie Sebastian schildert: „Wir arbeiten ohne Druck.“ Moosbrugger ergänzt: „Bei diesen Gemäuern braucht man Zeit.“ Das Mischen des richtigen Materials kennen die Lehrlinge nur aus der Schule. „Auf der Baustelle bestellt der Maurer Nummern. Niemand mischt mehr selbst“, meint Moosbrugger. Das Interesse der Jugendlichen ist jedoch vorhanden, wie sich bei der Vorführung mit Kalk zeigt. Bis zu 100 Grad wird der Brocken heiß, wenn er auf Wasser trifft. „Das nennt man dann Kalk löschen?“, fragt Omar. Moosbrugger nickt. Dieser spezielle Mörtel komme dem Original am nächsten, er wird mit der Hand in die Rillen zwischen den Steinen gepresst. Allerdings müssen die Lehrlinge die passenden Gesteinsbrocken erst finden – ebenfalls ein großer Unterschied zur Baustelle.
Das Projekt ist für drei Jahre angesetzt, jeweils zwei Wochen. Danach soll die Mauer wieder aussehen wie zuvor. Die beste Restaurierung ist die, die man nicht sieht.
