Lohnende Debatte?
Dem Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen in Vorarlberg ist zu entnehmen, dass eine Debatte über die Einräumung eines Rederechts von Europaabgeordneten, Nationalräten und Bundesräten im Landtag angeregt wird. Da die neue Landesregierung diese Debatte wünscht, gebe auch ich gerne meine Meinung ab: Der Vorschlag begeistert nicht.
Ich gehe nicht so weit wie mein geschätzter Kommentatorkollege Arnulf Häfele, der unlängst gemeint hatte, der Landtag schaffe sich dadurch selbst ab. Aber es sprechen gute Gründe gegen dieses Vorhaben: Zunächst ist festzuhalten, dass Landtagsabgeordnete weder im Europaparlament noch im Nationalrat oder im Bundesrat sprechen dürfen. Wieso sollte es also umgekehrt möglich sein?
Der Vorarlberger Landtag braucht sich beispielsweise von einem Nationalrat nicht sagen zu lassen, dass das Land gefälligst weitere Kompetenzen nach Wien abtreten soll und sollte sich auch nicht vor gerade anstehenden Wahlen als Bühne von Bundespolitikern präsentieren. Und der unausgesprochene Wunsch, dass besonders eloquente Nationalräte ihren Parteikollegen im Landtag zu Hilfe eilen dürfen, muss auch nicht unbedingt erfüllt werden.
Auch ein Rederecht von Bundesräten würde nur dann einen Sinn haben, wenn der Bundesrat echte Mitwirkungsrechte an der Gesetzgebung hätte und darüber diskutiert werden könnte, wie die Landesinteressen durchgesetzt werden sollen. Derzeit kann der Bundesrat einen Gesetzesbeschluss des Nationalrats in fast allen Fällen nur verzögern.
Ein offizielles Rederecht von Europaabgeordneten vor dem Landtag ist ebenso unnötig. Sicherlich könnten die EU-Abgeordneten ihren Kollegen wichtige europapolitische Themen näherbringen. Dazu wäre es viel hilfreicher, wenn EU-Abgeordnete in den Ausschüssen des Landtags als Experten zu relevanten Fragen angehört werden. Das ist schon jetzt möglich.
Wieso sollen also die Landtagssitzungen überfrachtet werden? Nachdem ich zehn Jahre lang jede Sitzung von Anfang bis Ende mitverfolgt habe, behaupte ich, dass der Landtag jedenfalls nicht an zu wenigen Redebeiträgen leidet. Da wären andere Debatten lohnender.
peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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