Ein Mann für die Frauenthemen

Obwohl für die Grünen drei Frauen im Landtag sitzen, wird Daniel Zadra Frauensprecher.
BREGENZ. Bei der Besetzung von Bereichssprecher-Funktionen in Parlamenten gibt es ein klassisches Muster: Die Jugendsprecher sind meist die jüngsten, Wirtschaftssprecher arbeiten selbstständig und Frauenpolitik ist Frauensache. Gehen die Agenden doch einmal an einen Mann, ist Kritik gewiss. Doch die Zeiten haben sich anscheinend geändert – jedenfalls bei den Vorarlberger Grünen. Nicht die Landtagsabgeordneten Sandra Schoch, Nina Tomaselli oder Vahide Aydin, sondern Daniel Zadra ist der neue Frauensprecher des Grünen Landtagsklubs.
Eine Entscheidung, die auf den ersten Blick verwundert. Mit Sandra Schoch wählten die Vorarlberger eine Frau in den Landtag, die in der Wirtschaftskammer schon für das Projekt „Frau in
der Wirtschaft“ zuständig war und sich in der politischen Arbeit gerne dem Thema Geschlechtergerechtigkeit widmet. Im Wahlkampf zur Landtagswahl im Herbst warben mit Nadine Kaspar, Vahide Aydin, Nina Tomaselli und Katharina Wiesflecker vier Kandidatinnen für Frauenthemen. Zwei davon (Aydin und Tomaselli) sitzen nun im Landtag. Alle drei Frauen des sechsköpfigen grünen Landtagsklubs hätten also das Zeug zur Funktion der Frauensprecherin. Und trotzdem fiel die Entscheidung auf Daniel Zadra, 29 Jahre alt, aus Lustenau und männlich.
Ein dezidierter Wunsch
Dass die Entscheidung ein wenig irritiert, sei gewollt, erklärt Sandra Schoch: „Wir wollten ein Statement setzen. Gleichbehandlung ist auch ein Männerthema, darum war es mir wichtig, dass Daniel das macht.“ Der neue Frauensprecher gesteht: „Dieser Bereich war dezidiert mein Wunsch.“ Die genaue Bezeichnung: Frauen- und Gleichstellungssprecher.
Jung und emanzipiert
Kritik am Entschluss, einem Mann die Frauensprecherfunktion zu übertragen, lassen die Grünen nicht gelten. „Die Aufgabe ist die gleiche, egal wer dafür zuständig ist“, erklärt Zadra. Die Thematik würde allerdings anders wahrgenommen, wenn ein Mann im Landtag über Frauenthemen spricht. Außerdem sei es im Jahr 2014 höchst an der Zeit, dass sich auch Männer dieses Themas annehmen. Auch Schoch sieht kein Problem: „Es kommt darauf an, welcher Mann das übernimmt. Es muss ein junger, emanzipierter Mann sein.“ Er ist der einzige männliche Frauensprecher im Landtag. Die anderen sind allesamt weiblich: Martina Rüscher (ÖVP), Nicole Hosp (FPÖ), Gabriele Sprickler-Falschlunger (SPÖ) und Martina Pointner (Neos).
Die Themen ändern sich dadurch nicht. Auch Daniel Zadra will die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern, etwa durch eine 80-zu-80-Regelung. Also dass sowohl Väter als auch Mütter gleichzeitig zu 80 Prozent arbeiten können. Den im Regierungsprogramm verankerten Mindestlohn von 1500 Euro sieht er ebenfalls als Beitrag zur Frauenpolitik. Und die Forderung nach einer Quote bleibt sowieso aufrecht: „Wir wollen ein ausgewogenes Verhältnis in Aufsichtsräten. Darum sollen bei gleicher Qualifikation die Frauen bevorzugt werden, bis dieses Ziel erreicht ist.“ Es gelte nun, Gespräche mit den landesnahen Betrieben zu führen. Ein Wunsch, den es auch beim Koalitionspartner gebe: „Die ÖVP-Frauen fordern diese Quote sogar bundesweit.“
Für Wirtschaft zuständig
Sandra Schoch ist im Brotberuf selbstständige Unternehmensberaterin und kandidierte bei den Wirtschaftskammerwahlen. Seither ist sie stellvertretende Obfrau der Fachgruppe UBIT. Selbstständig und in der Wirtschaftskammer. Wenig überraschend, welche Funktion sie zukünftig innehat: Wirtschaftssprecherin.
Es ist an der Zeit, dass sich auch Männer des Themas annehmen.
Daniel Zadra