„Wie Schweden werden“

Vorarlberg / 14.11.2014 • 20:36 Uhr
Michael Rauch, seit zwölf Jahren Kinder- und Jugendanwalt, zu Gast bei den VN. Foto: VN/Paulitsch
Michael Rauch, seit zwölf Jahren Kinder- und Jugendanwalt, zu Gast bei den VN. Foto: VN/Paulitsch

Kinder sind laut Michael Rauch nach wie vor Gewalt ausgesetzt, auch in der Familie.

SCHWARZACH. Am 20. November 1989 wurde die UN-Kinderrechtskonvention verabschiedet. Im gleichen Jahr goss Österreich das Recht der Kinder auf eine gewaltfreie Erziehung in ein Gesetz. Anlässlich des Doppeljubiläums war Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch bei den Vorarlberger Nachrichten zu Gast.

Vor 25 Jahren wurde die UN-Kinderrechtskonvention ins Leben gerufen. Das ist eigentlich noch nicht lange her, oder?

RAUCH: Die Geschichte der Kinderrechte muss man im Kontext der Menschenrechte sehen. Zuerst entwickelten sich Männerrechte. Anschließend die Frauenrechte, die immer noch nicht überall umgesetzt sind, und erst spät die Kinderrechte. 1989 wurden die Kinderrechte in 54 Artikeln festgeschrieben.

Hat es viel gebracht?

RAUCH: Die Konvention war ein ganz starker Motor für die Rechte der Kinder. Dass sie Träger eigener Rechte sind, unabhängig von Religion, Rasse und Herkunft, war bahnbrechend. In einem Punkt war Österreich sogar Vorreiter. Wir waren das vierte Land weltweit, in dem Kindern das Recht auf gewaltfreie Erziehung zugestanden wurde.

Trotzdem kommt auch jetzt noch bei Weitem nicht jedes Kind in den Genuss einer gewaltfreien Erziehung?

RAUCH: Aus einer aktuellen Erhebung geht hervor, dass jedes zweite Kind Opfer von Gewalt in der Familie wird. Eine große Zahl betrifft die berühmte Watsche oder den Klaps auf den Hintern. Aber das darf man nicht bagatellisieren. Es sind alles Formen von Gewalt, die für Kinder schädlich und gesetzlich verboten sind. Die Bevölkerung ist aber mittlerweile sehr sensibilisiert.

Die gesunde Watsche gibt es also nicht?

RAUCH: Es gibt keine Methode, die uns erlaubt, Kinder zu schlagen. In den USA ist das anders, dort wurde die Konvention nie unterschrieben. Österreich ist eines von leider nur 33 Ländern mit absolutem Gewaltverbot.

Was nicht heißt, dass es keine Gewalt gibt.

RAUCH: Es gibt Graubereiche bei körperlicher und vor allem sexueller Gewalt. Es wissen noch viel zu wenige, dass es überhaupt dieses Verbot im Verfassungsrang gibt.

Welche Maßnahmen müssen gesetzt werden?

RAUCH: Vorarlberg muss Schweden werden. Durch jahrelange Informationspolitik, Präventionspolitik und ausreichend Kinderbetreuungsangebote wenden dort über 80 Prozent der Eltern keine Gewalt an.

Wichtig ist auch, dass dieses Thema in der Öffentlichkeit bleibt.

Welche Themen sind in Ihrer Abteilung sonst aktuell?

RAUCH: In der Schule müssen wir mehr machen, Thema Mobbing und Cybermobbing. Wir fordern auch die Abschaffung der Sonderschulen. Im Bereich Frühhilfen für junge Eltern und Freiräume für Kinder ist Vorarlberg bereits ganz vorne. Trauriges Schlusslicht ist Österreich hingegen, wenn es um den Alkohol- und Tabakkonsum bei Jugendlichen geht.

Was ist alles zum Jubiläum geplant?

RAUCH: Solche Jubiläen eignen sich für Öffentlichkeitsarbeit perfekt. Es ist einiges geplant, das Engagement im Land ist riesig.

Michael Rauch, seit zwölf Jahren Kinder- und Jugendanwalt, zu Gast bei den VN. Foto: VN/Paulitsch
Michael Rauch, seit zwölf Jahren Kinder- und Jugendanwalt, zu Gast bei den VN. Foto: VN/Paulitsch

Aktionen

Verleihung des 5. Vorarlberger Kinderrechtspreises: Dienstag um 17 Uhr im alten Landtagssaal, Bregenz

Kinderrechtegala der Caritas: Donnerstag, 19.30 Uhr, Kulturhaus, Dornbirn. Ab 18.30 Uhr Programm auf dem Marktplatz zum Thema

Musical „Stand Up!“ der youngcaritas: Montag und Dienstag, jeweils 9.30 Uhr und 14.30 Uhr im Vinomnasaal in Rankweil, Donnerstag 9.30 Uhr und 14.30 Uhr im Kulturhaus in Dornbirn

Theater Kinder haben Rechte: 8.45 Uhr und 14.15 Uhr, Altes Kino, Rankweil. Mittwoch, 8.45 Uhr und 14.45 Uhr, KOM, Altach. Donnerstag, 8.45 Uhr und 14.45 Uhr, Gössersaal, Bregenz