Sicherheitsstaat
Die Anschläge in Frankreich haben gewaltige Auswirkungen. Der Sicherheitsstaat, der seit dem 11. September 2001 in den USA und in Europa aufgebaut wurde, wird weiter gestärkt: In Österreich soll eine „Sicherheitsoffensive“, wie es die Bundesregierung nennt, gestartet werden. Ein dreistelliger Millionenbetrag, der nun plötzlich ohne Weiteres verfügbar ist, soll in die Polizei investiert werden. Außerdem wird die Diskussion über die Vorratsdatenspeicherung wieder aufgewärmt.
Was hier in die Wege geleitet wird, ist anlassbezogen und konzeptlos: Wer weiter zurückblickt, erkennt, dass Terroranschläge niemals völlig ausgeschlossen werden können. Die französische Polizei kennt die Vorratsdatenspeicherung schon seit fast zehn Jahren, sie hat im konkreten Fall offenbar nichts genützt. Die Terroristen von Paris waren den Behörden nicht einmal unbekannt, sondern teilweise einschlägig vorbestraft. Wenn sie ihre Anschläge trotzdem durchführen konnten, dann deshalb, weil es einfach nicht möglich ist, neben jede potenziell gefährliche Person einen Polizisten als Aufpasser zu stellen.
Der Sicherheitsstaat investiert nicht in regionale Sicherheitsstrukturen, sondern in spezialisierte Apparate. Die Zentralisierung des Polizeiapparates wird weiter verstärkt. Der Sicherheitsstaat wird mehr gepanzerte Fahrzeuge anschaffen und mehr Großraumhubschrauber. Gewiss werden keine Schließungen von Polizeiposten rückgängig gemacht und die Sicherheitskräfte in den Ländern werden wohl auch nicht wesentlich ausgebaut. Im besten Fall sehen wir Polizisten häufiger über öffentliche Plätze patrouillieren.
Auf der europäischen Ebene wird der Sicherheitsstaat zu einem neuen Angriff auf die Bürgerrechte ansetzen: Mit der Vorratsdatenspeicherung sollen sämtliche Internetzugriffe und Handyverbindungen einer Person erfasst werden. Ein anderes Gesetz wird alle Flugdaten einer Person erfassen. Für eine im besten Fall geringe Erhöhung der Sicherheit werden eine langfristig erhebliche Gefahr für die Freiheit der Bürger und ein gewaltiger Verwaltungsaufwand, der viel Geld verpuffen lässt, in Kauf genommen.
Die französische Polizei kennt die Vorratsdatenspeicherung schon seit fast zehn Jahren, sie hat im konkreten Fall offenbar nichts genützt.
peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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