Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Einseitige Beurteilung

Vorarlberg / 22.01.2015 • 18:55 Uhr

Die Aufregung über die Forderung der Bildungsministerin nach einer Auflösung aller Schulen mit unter 300 Schülern hat sich gelegt. Sie sei missverstanden worden und habe nur gemeint, dass die Schulen unter einer gemeinsamen Führung zusammengelegt werden könnten. Außerdem sei das Sache der Länder.

Damit könnte die Angelegenheit eigentlich abgehakt werden. Wie viele Schulen man der Leitung eines Direktors oder einer Direktorin unterstellt, darüber kann selbstverständlich diskutiert werden. Man erspart sich ein paar geringfügige Leiterzulagen und bezahlt eine einzelne Person etwas besser. Im Ergebnis dürften sich die Resultate nicht besonders unterscheiden.

Interessanter ist, dass die Zusammenlegung von Schulstandorten vor allem damit begründet worden war, dass der Rechnungshof diese Forderung aufgestellt habe. Wer in den Berichten des Rechnungshofs nachliest, findet in der Tat häufig Kritik an der großen Zahl der Kleinschulen in Österreich. Die Begründung dafür ist allerdings eher dürftig. Kleinschulen seien kostenaufwendiger, weil die Lehrer weniger Kinder als in größeren Schulen unterrichten. Was sonst als pädagogisch wertvoll gilt, ist plötzlich schlecht. Außerdem sei das kleinere Gebäude in der Relation zu einem größeren Gebäude teurer. Man könnte fast meinen, es gelte der Grundsatz: „Small is stupid.“

Vergeblich sucht man in den Berichten auch irgendeine Abwägung der angestrebten Kosteneinsparungen mit den Interessen der Schüler, der Eltern, des Dorf- oder Vereinslebens. Die Schule im Dorf erfüllt eine wichtige Funktion für die örtliche Gemeinschaft. Die Auflösung der Schule im Dorf ist ein weiterer Beitrag zur Abwanderung aus ländlichen Gegenden. Wenn man eine solche Abwanderung nicht will, dann kostet die Auflösung der Kleinschulen im Ergebnis mehr, als sie an Einsparungen bringen kann.

Die Diskussion ist ein schönes Beispiel dafür, was passiert, wenn eine Angelegenheit einseitig unter dem Kostenaspekt beurteilt wird. Könnte der Bund über die Standorte von Volks- und Mittelschulen entscheiden, würde die Bildungslandschaft in Vorarlberg wohl traurig ausschauen.

Die Schule im Dorf erfüllt eine wichtige Funktion für die örtliche Gemeinschaft.

peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.