Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Bevormundung

Vorarlberg / 23.04.2015 • 18:31 Uhr

Es mag eine Reihe von Gründen geben, weshalb wir in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern unverhältnismäßig hohe Steuern bezahlen müssen. Ein Grund ist sicherlich, dass wir einfache Dinge viel komplizierter regeln, als notwendig ist. Ein Beispiel dafür ist die Briefwahl.

Im benachbarten Liechtenstein schicken die Wähler ihren Stimmzettel entweder per Post zur Wahlbehörde oder begeben sich am Wahltag ins Wahllokal. So einfach geht das. In Österreich dagegen muss man zuerst rechtzeitig eine Wahlkarte bei der Behörde beantragen. Diese prüft den Antrag. Wenn alles rechtens vor sich geht, wird die Wahlkarte anschließend von einem Amtsboten dem Wähler zugestellt, der dann endlich von der Briefwahl Gebrauch machen kann.

Die Briefwahl ist bei uns übrigens nur zulässig, wenn der Wahlberechtigte voraussichtlich verhindert ist, seine Stimme vor der Wahlbehörde abzugeben, also etwa wegen Ortsabwesenheit oder aus gesundheitlichen Gründen. Wer trotzdem per Brief wählen will, wird von der Verfassung genötigt, den Staat zu belügen. Die Briefwähler werden außerdem zu einer weiteren Lüge genötigt, indem sie an Eides statt erklären müssen, dass die Stimmabgabe geheim erfolgt ist, was im Familienkreis nicht immer der Fall ist. Wenn die Wähler lügen, bleibt das allerdings folgenlos, weil der Wahrheitsgehalt der Erklärungen nicht überprüft werden kann.

Dieses Verfahren ist umständlich und kostet den Staat im Gegensatz zur simplen Vorgangsweise in Liechtenstein viel Geld. Dort kann es im Gegensatz zu Österreich auch nicht vorkommen, dass die Parteien ein illegales Zustellservice von Wahlkarten aufziehen. All das könnte der Staat sich und den Wählern ersparen. Es wäre ausreichend, wenn die Wähler mit ihrer Unterschrift auf dem Wahlausweis bestätigen würden, dass sie ihre Stimme persönlich abgegeben haben.

Schuld an dieser Bürokratie ist die österreichische Bundesverfassung. Sie überlässt es nicht – wie in Liechtenstein – einfach den Bürgern, in welcher Weise sie von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, sondern bevormundet sie. Eine Änderung dieser unsinnigen Regelung würde nicht nur Geld sparen, sie wäre auch ehrlicher und würde die Wahlbeteiligung sicherlich positiv beeinflussen. Da es sich um eine Bundesregelung handelt, werden wir freilich noch viele Jahre vergeblich auf eine sinnvolle Lösung warten.

Ein Grund ist sicherlich, dass wir einfache Dinge viel komplizierter regeln, als notwendig ist.

peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.