Studie über Armutsflüchtlinge

Vorarlberg / 30.08.2015 • 20:31 Uhr
VN-Bericht vom 29. August 2015.
VN-Bericht vom 29. August 2015.

Land mit zunehmender Armutsmigration konfrontiert. Studie soll Antworten geben.

Bregenz. Rumänien ist eines der ärmsten Länder der Europäischen Union. Aninoasa, Pauleasca, Ploiești – allesamt Städte, die von Armut geprägt sind. Doch soziales Gefälle gibt es auch dort. Ganz unten stehen Roma. Sie leben in Stadtteilen mit hoher Arbeitslosigkeit und niedriger Schulbildung. 2007 trat Rumänien der EU bei. Die Reisefreiheit ermöglicht es den betroffenen Familien, sich für einen Zeitraum von drei Monaten ohne Anmeldung in EU-Ländern aufzuhalten. Auch Vorarlberg ist verstärkt zum Ziel geworden, was den Druck auf Wohn- und Arbeitsmarkt erhöht. Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne, 51) hat eine Studie zu diesem Thema in Auftrag gegeben.

Manche nennen sie Wirtschaftsflüchtlinge, andere sprechen von Armutsmigration, Wiesflecker bezeichnet die Flüchtlinge als „Notreisende“. Wie sie auch heißen, sie sind da. Der evangelische Pfarrer Michael Meyer (55) beschäftigt sich intensiv mit den Roma-Familien im Land. Er spricht von rund 200 Personen, die in Vorarlberg ihr Glück versuchen, betteln und oft ohne Dach über dem Kopf leben. Zu ihnen gehört die Familie Stefan, die VN berichteten über deren Schicksal.

Wenn mehr Menschen auf einen angespannten Arbeitsmarkt drängen, verschärft sich die Situation. Vor allem im Bereich der niedrig Qualifizierten steigt der Druck. Zusammen mit Caritas und dem Arbeitsmarktservice (AMS) bemüht sich das Land, gut qualifizierten Flüchtlingen einen Job zu verschaffen.

Job für jeden Fünften

Ein Asylwerber darf bekanntlich nicht arbeiten. Bekommt er Asyl, gilt er als Konventionsflüchtling und ist auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt gleichberechtigt. In den vergangenen zehn Monaten haben 20 Prozent der Konventionsflüchtlinge eine Stelle gefunden. Also jeder Fünfte. Dazu kommen die Notreisenden innerhalb der Union. Der Salzburger Wissenschaftler Heinz Schoibl (64) unterscheidet drei Gruppen: Pendel-Migration, Arbeits-Migration und Wanderarmut.

Die größte Gruppe sei die der Pendel-Migranten. In Salzburg ist das die Hälfte aller Armutsmigranten aus Südosteuropa. Sie sind größtenteils Roma, kommen im Familienverbund und wollen für die Familie zu Hause Geld sammeln.

Studie im Herbst präsentiert

Für Vorarlberg gibt es keine Zahlen, im Herbst soll sich das ändern: „Ich habe im Frühjahr eine Vorstudie in Auftrag gegeben. Sie soll untersuchen, wie sich die Situation der Notreisenden in Vorarlberg darstellt“, erklärt Wiesflecker. Sie glaubt, dass sie ähnlich der Salzburger Situation ist. Bei all den Flüchtlingsschicksalen will Wiesflecker auf eines nicht vergessen: „Wir müssen aufpassen, dass wir die Gruppen der verarmten und armutsgefährdeten Mehrheitsgesellschaft nicht vergessen. Hier prallen leider schon sehr viele Vorurteile und Ängste aufeinander.“ Die Gesellschaft müsse die Situation gemeinsam meistern.

Für Familie Stefan, die bis vor Kurzem noch unter einer Bahnbrücke lebte, hat die Landesrätin gute Nachrichten: „Ich werde veranlassen, dass man sich der Familie annimmt.“

Wir dürfen die Armen der Mehrheit nicht vergessen.

Katharina Wiesflecker