Herausforderung und Profit der Zuwanderung
Die VN starten eine Aktion, um die Debatte über Asyl und Migration zu versachlichen.
Schwarzach. Handys, Geldbeträge, Arbeitslosenzahlen – über die Themen Asyl und Zuwanderung kursieren viele Zahlen und Geschichten. Teils sind sie wahr, teils falsch. Die Vorarlberger Nachrichten wollen Fakten statt Gerüchte in der Diskussion. Wir wollen Emotionalität aus der Debatte nehmen und unsere Leserinnen und Leser mit Grundinformationen versorgen. Deshalb haben wir bei der Wirtschaftskammer, beim Sozialministerium, im Landhaus und bei unabhängigen Experten nachgefragt, und die wichtigsten Zahlen zusammengetragen. Nicht nur zum Thema „Asyl“, sondern auch allgemein zur Zuwanderung.
Sie haben weitere Fragen? Ihnen ist etwas unklar? Sie haben etwas gehört und wollen wissen, ob das wirklich stimmt? Schreiben Sie uns Ihre Anliegen, Ihre Fragen oder ein Gerücht an asyl@vorarlbergernachrichten.at. Haben wir nicht sofort eine Antwort, werden wir uns bei Experten erkundigen.
Bevölkerung, die Worttrennung: Be|völ|ke|rung Gesamtheit der Bewohner und Bewohnerinnen eines bestimmten Gebiets; Einwohnerschaft
Laut Sozialministerium hatte im Juli 2015 jeder fünfte in Österreich lebende Mensch Migrationshintergrund. Jeder Achte hat keinen österreichischen Pass. In Vorarlberg sind von 378.592 Einwohnern 15 Prozent, also 56.652, ohne österreichischen Pass. Die größte Gruppe sind die Deutschen (15.253), gefolgt von Türken (13.401). 63 sind staatenlos. 344 aus Syrien (Stand 1. Jänner). Diese Zahl dürfte sich verändert haben, derzeit leben rund 2000 Asylwerber in Vorarlberg, großteils aus Syrien. 500 von ihnen haben im ersten Halbjahr Asyl zugesprochen bekommen. Inklusive normaler Migration sind 6808 Menschen – also auch Studenten, die zurück nach Vorarlberg ziehen – im Jahr 2014 ins Land gekommen. 4700 sind abgewandert. Ergibt einen Saldo von plus 2108. (2012: plus 756, 2013: plus 2289).
Versorgung, die Worttrennung: Ver|sor|gung das Versorgen mit etwas, Bereitstellen von etwas; das Versorgtwerden
Asylwerber, die Österreich erreichen, kommen in Erstaufnahmezentren. Diese gibt es in Traiskirchen (Niederösterreich), Thalham (Oberösterreich) und am Flughafen Wien. Dort bringen die Asylwerber ihren Antrag ein, werden medizinisch untersucht und untergebracht. Es folgt eine erste Vernehmung. Danach entscheiden die Behörden, ob ein Asylwerber für das Asylverfahren zugelassen wird, oder ob Österreich nicht zuständig ist. Stichwort: Dublin-Abkommen. Dieses regelt innerhalb der EU, dass jenes Land für das Asylverfahren zuständig ist, in dem der Flüchtling erstmals europäischen Boden betritt. Die Regel wird derzeit heiß diskutiert. Erst nach der Zulassung beginnt das eigentliche Verfahren. Die Regionaldirektion ist dafür zuständig. In dieser Zeit befindet sich der Asylwerber in der Grundversorgung.
Herkunft, die Worttrennung: Her|kunft soziale Abstammung; bestimmter sozialer, nationaler, kultureller Bereich, aus dem jemand herkommt
Inklusive Juli haben dieses Jahr 37.046 Menschen um Asyl angesucht. 10.007 davon aus Syrien, 8490 aus Afghanistan und 5078 aus dem Irak. In Syrien und dem Irak wütet die Terrormiliz Islamischer Staat (IS), in Afghanistan die Taliban. Aus Afghanistan kommen vergleichsweise viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF). Sie flüchten, weil sie mit 15 Jahren für die Taliban interessant werden und kämpfen könnten. Die Angehörigen bleiben sicher und müssen nicht mitflüchten. In Syrien bekämpfen sich Oppositionelle, die Militärs des Diktators Bashar al-Assad und der IS gegenseitig. Seit Jahren tobt ein Bürgerkrieg. Von 20 Millionen Syrern sind zwischen vier bis zehn Millionen auf der Flucht – die Schätzungen schwanken. Allein im Libanon befindet sich über eine Million Flüchtlinge, also jeder vierte Einwohner.
Arbeit, die Worttrennung: Ar|beit Tätigkeit mit einzelnen Verrichtungen, Ausführung eines Auftrags
Asylwerber dürfen im Rahmen der Nachbarschaftshilfe 110 Euro monatlich dazuverdienen. Wird Asyl gewährt, dürfen Flüchtlinge arbeiten. Im ersten Halbjahr 2015 wurde für über 20 Prozent aller Flüchtlinge in Vorarlberg eine Arbeitsstelle gefunden. Viele Syrer sind gut gebildet, haben teilweise studiert und können englisch. Also Fachkräfte von morgen? Christoph Jenny von der Vorarlberger Wirtschaftskammer sagt: „Zuwanderer, die Qualifikationen mitbringen, die dringend nachgefragt und vom inländischen Arbeitsmarkt nicht abgedeckt werden, wirken natürlich dem Fachkräftemangel entgegen. In Bereichen, wo es dagegen zu einem Wettbewerb mit inländischen Arbeitskräften kommt, sind gewisse Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt, nicht ausgeschlossen.“ Ohne Ausländer wäre laut Jenny das Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre nicht möglich gewesen. Nimmt man alle Menschen ohne österreichischen Pass zusammen – also nicht nur Flüchtlinge – haben 2014 im Schnit 33.935 Ausländer in Vorarlberg gearbeitet. Die Arbeitslosenquote unter Ausländern variiert. Im Juli 2015 arbeiteten 92.193 Deutsche in Österreich, 6428 waren ohne Job. 54.959 türkischen Arbeitern stehen 10.275 türkische Arbeitslose gegenüber.