Direktor wehrt sich gegen die Gesamtschule

Vorarlberg / 04.01.2016 • 19:32 Uhr
VN-Bericht vom 4. Jänner 2015.
VN-Bericht vom 4. Jänner 2015.

Klemens Voit, Sprecher der AHS-Direktoren, kann die Euphorie im Land nicht teilen.

Bregenz. Jänner 2013: „Das Gymnasium ist nach wie vor die beliebteste und erfolgreichste Schulform Österreichs.“ Jänner 2014: „Die Gruppe der zeitgeistigen Politiker und Scheinexperten, die das Gymnasium abschaffen will, ist momentan zwar lautstark unterwegs, wird sich aber nicht durchsetzen.“ Jänner 2015: „Das österreichische Gymnasium wird noch bestehen, wenn die scheinmodernen Bildungsexperten längst Geschichte sind.“ Klemens Voit ist Direktor des Gymnasiums Bregenz-Blumenstraße und Sprecher der Vorarlberger Gymnasiumsdirektoren. Alljährlich nutzt er den Tag der offenen Tür seiner Schule, um das Gymnasium zu verteidigen. Das ist jene Schulform, die im Jahr 2025 in Vorarlberg Geschichte sein soll, zumindest wenn es nach der Landespolitik geht. Am 22. Jänner stehen die Blumenstraße-Türen wieder offen. In der Einladung schreibt Voit: „Das Gymnasium ist ein äußerst erfolgreicher und wichtiger Baustein in der österreichischen Bildungslandschaft, der vielen jungen Menschen den Weg in eine Zukunft mit vielfältigen Möglichkeiten präsentiert.“

Unter gewissen Umständen

Alle Landtagsparteien, Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, zahlreiche Wissenschaftler – die Front
der Gesamtschulbefürworter wächst. In Vorarlberg scheint sie gar ohne Gegenspieler zu sein. Lediglich die Plattform „Pro Gymnasium“ um Gymnasialprofessor Rainer Gögele (59), ehemals Klubobmann der Vorarlberger ÖVP, meldet sich regelmäßig zu Wort, um ihre Bedenken zu äußern. Laut Voit ist die Zahl der Bedenkenträger höher. „Der größere Teil der AHS-Direktoren in Vorarlberg teilt meine Meinung. Die anderen können sich unter gewissen Umständen eine Systemänderung vorstellen.“

Der Euphorie der Studien­experten kann Voit nichts abgewinnen. Zwar sage die Mehrheit der Eltern, die Schüler müssten sich zu früh entscheiden. Allerdings sind laut des Direktors 90 Prozent mit der aktuellen Schule ihres Kindes zufrieden. „Es ist zu früh. Allerdings nur, weil es kein transparentes und gerechtes System nach der Volksschule gibt“, meint Voit, fügt aber an: „Das System selbst ist durchlässig. 55 Prozent der Maturanten kommen aus der Neuen Mittelschule.“

Wie die VN mehrfach berichteten, will Vorarlberg nach einer groß angelegten Studie eine gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen im ganzen Land testen. Die Bildungsreform des Bundes sieht vor, dass höchstens 15 Prozent der Schulen oder Schüler pro Bundesland an einem Modellversuch teilnehmen dürfen. Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (54, SPÖ) sagte am Montag, diese Grenze sei nicht in Stein gemeißelt. Für Voit steht fest: „Mit dieser Hürde hat ein Schulversuch wenig Aussagekraft.“ Er sieht die 15 Prozent als Schutzmaßnahme: „Damit nicht auf völlig undemokratische Art und Weise über Lehrer, Eltern und Schüler bestimmt wird.“

Der Vertreter der Gymnasiumsdirektoren gesteht: „Es gibt viele Ansätze, mit denen ich mit Anhängern der gemeinsamen Schule konform gehe. Zum Beispiel beim Ausbau der Sprachförderung und bei mehr Schulpsychologen.“ Diesen Ansätzen müsse man Zeit geben und beobachten, ob sie funktionieren.

Ob die vom Land angestrebte Modellregion Realität wird, kann Voit (60) aus der Pension beobachten. Am 21. Dezember vergangenen Jahres hatte Schullandesrätin Bernadette Mennel (56, ÖVP) einen Zeitplan für die Umsetzung des Forschungsprojekts „Schule der Zehn- bis 14-Jährigen“ präsentiert. Am Ende des Planes steht die Gesamtschule in Vorarlberg im Jahr 2025. Im Land ist das Projekt politisch unbestritten.

Der größere Teil der AHS-Direktoren teilt meine Meinung.

Klemens Voit