Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Mittelmaß

Vorarlberg / 14.01.2016 • 19:22 Uhr

Im Rahmen des Neujahrsempfangs der Vorarlberger Industriellenvereinigung hielt Präsident Ohneberg eine beeindruckende und viel beachtete Rede, in der er Wege zur Sicherung der Zukunft des Standortes Vorarlberg aufzeigte. Wesentliche Voraussetzungen für den Fortbestand des Industrielandes Vorarlberg sind vor allem die Schaffung der erforderlichen Bildungsinfrastruktur und der Zugang des Landes zu Wissenschaft und Forschung. Wichtig ist auch eine zeitgemäße Kinderbetreuung.

Die Verfasser des Papiers der Industriellenvereinigung betonen, dass die von ihnen gemachten Vorschläge im Land Vorarlberg selbst umgesetzt werden können und man nicht auf den Bund oder gar auf Brüssel warten müsse. Leider trifft das nicht ganz zu: Das Land Vorarlberg kann zwar selbst über die Standorte von Pflicht- und Berufsschulen, Kindergärten und Kinderkrippen entscheiden, Höhere Schulen, darunter vor allem die HTL, fallen aber in Bundeskompetenz. Dort bewegt sich nur etwas, wenn das Ministerium geneigt ist, den Wünschen des Landes entgegenzukommen. Mit anderen Worten: Das Land ist mehr oder weniger der politischen Willkür des Bundes ausgeliefert.

Als wäre das nicht schon schlimm genug: Wie es derzeit aussieht, könnte die im November vergangenen Jahres vereinbarte Bildungsreform, für die sich die Spitzen der Bundesregierung selbst bejubelt haben, die Lage weiter verschlechtern. Der Bund will seine Einflussnahme auf die regionale Bildungsinfrastruktur, die der Industriellenvereinigung so wichtig ist, noch verstärken. Geht es nach manchen Experten, dann sollen sogar die Kindergärten in die Obhut des Bundes kommen, mit der scheinheiligen Begründung, Kinder vor Islamisten schützen zu müssen. Außerdem ist zu befürchten, dass auch die Schulverwaltung gänzlich in Bundeskompetenz überführt wird, weil dies von den Grünen, deren Zustimmung im Parlament benötigt wird, so gefordert wird. Dann werden wir vielleicht eine HTL in Vorarlberg haben, aber nicht mehr die geeigneten Lehrkräfte, weil diese einfach woanders zugeteilt werden. Von den Lehrern, die Flüchtlingen Deutsch beibringen sollen, ganz zu schweigen.

Leider scheinen viele den Ernst der Lage nicht zu erkennen: Die angedrohte Bildungsreform wird uns nicht aus dem Mittelmaß herausführen, sondern eher den Niedergang begünstigen.

Der Bund will seine Einflussnahme auf die regionale Bildungs­infrastruktur noch verstärken.

peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.