Spezialisierung
Das Bundesverwaltungsgericht ist die erste gerichtliche Instanz in Verwaltungssachen des Bundes. Es handelt sich um eine monströse Behörde mit über 400 Mitarbeitern, deren Sitz – wie in Österreich üblich – natürlich in Wien ist. Um zu vermeiden, dass die Bürger in vielen Fällen bis nach Wien zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht fahren müssen, wurden Außenstellen des Gerichts in Innsbruck, Graz und Linz eingerichtet. Die Außenstellen sind mit vergleichsweise wenigen Richtern besetzt, sie haben im Vergleich zu ihren Kollegen in Wien allerdings auch deutlich weniger Zuständigkeiten.
Das Bundesverwaltungsgericht ist unter anderem für die Entscheidung über Asylgesuche zuständig. Jeder vernunftbegabte Mensch würde nun vermuten, dass für einen in Vorarlberg aufgenommenen Asylwerber demnach die Außenstelle in Innsbruck zuständig sein müsste. Für einen Asylwerber, der in Salzburg lebt, müsste es die Außenstelle in Linz und für einen im Burgenland das Bundesverwaltungsgericht in Wien sein.
Der vernunftbegabte Mensch würde sich täuschen! Die Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts sieht nämlich vor, dass der Asylwerber aus Afghanistan von Vorarlberg nach Wien zu fahren hat, stammt er hingegen aus dem Sudan, darf er nach Innsbruck. Ist sein Herkunftsland Pakistan, muss er nach Linz. Der im Burgenland lebende Asylwerber aus Libyen wiederum fährt nicht etwa nach Wien, sondern nach Innsbruck, stammt er aus dem Irak, wird seine Verhandlung in Linz stattfinden.
Begründet wird dieses unsinnige und unwürdige Hin- und Herschicken von Menschen mit Spezialisierung. Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts könnten sich, wenn sie jeweils nur wenige Staaten zu bearbeiten haben, besser mit den Verhältnissen in den Herkunftsländern vertraut machen. Das ist nur ein vorgeschobenes Argument. Dieselbe Spezialisierung ließe sich herstellen, wenn Richterstellen in der Zentrale abgebaut und stattdessen Kapazitäten in den Außenstellen aufgebaut würden.
Aber so funktioniert eben Österreich: Mehr Topjobs in Wien sind immer wichtiger als Bürgernähe durch Dezentralisierung.
Begründet wird dieses unsinnige und unwürdige Hin- und Herschicken von Menschen mit Spezialisierung.
peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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