No Brexit
Der englische Premierminister Cameron dürfte mit seiner Ankündigung, spätestens 2017 eine Volksabstimmung über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU abzuhalten (sogenannter „Brexit“), gut gepokert haben. Die EU-Kommission hat den Briten nunmehr ein Angebot unterbreitet, das es ihnen erlauben wird, Sozialleistungen für zugewanderte EU-Ausländer in gewünschtem Ausmaß zu kürzen. Ein paar weitere flankierende Maßnahmen sollen dann noch garantieren, dass die Mitgliedstaaten stärkeren Einfluss auf die EU-Gesetzgebung erhalten. Natürlich wird auch der sogenannte Britenrabatt erhalten bleiben. Die Briten werden daher weiterhin einen geringeren Beitrag zum Budget der Europäischen Union leisten, als sie nach ihrer Größe und Wirtschaftskraft eigentlich müssten.
Mit diesen Zugeständnissen dürften die Erfolgsaussichten für die Volksabstimmung entsprechend gestiegen sein, auch wenn die Austrittsbefürworter wahrscheinlich ohnehin keine Mehrheit gefunden hätten. Immerhin will die Kommission die neuen Regelungen auch allen anderen Mitgliedstaaten eröffnen. Auch ihnen soll es möglich sein, Sozialleistungen an EU-Ausländer unter bestimmten Voraussetzungen zu reduzieren.
Viel wichtiger wäre allerdings eine grundlegende Reform der EU. Europa könnte in vielen Bereichen, etwa in der Wirtschafts- und Sozialpolitik, Kompetenzen an die Mitgliedstaaten zurückgeben, damit diese Standortpolitik betreiben und untereinander in Wettbewerb treten können. Auf anderen Gebieten, wie etwa in der Geldpolitik oder im Asylwesen, sollte die Union zulasten der Zentralregierungen mehr Kompetenzen erhalten. Es gäbe dann gemeinsame Grenzen, die nicht von den einzelnen Staaten, sondern von der EU selbst gesichert werden müssten.
Die Völker Europas könnten entscheiden, ob sie zu einer solchen EU, die dann eigentlich ein Staat wäre, gehören wollen oder nicht. Leider gibt es kaum relevante politische Akteure, die den Mut haben, sich auf ein solches Projekt einzulassen. Auch in Österreich findet sich kein Politiker, der ernsthaft bereit ist, auch nur Diskussionen darüber zu führen.
Man wird sich freuen, dass den Briten Zugeständnisse gemacht wurden, die für einen selbst auch mal nützlich sein könnten, aber keinen Gedanken an diese Vision verschwenden.
Leider gibt es kaum relevante politische Akteure, die den Mut haben, sich auf ein solches Projekt einzulassen.
peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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