Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Ausnahme­zustand

Vorarlberg / 10.03.2016 • 19:12 Uhr

In Frankreich herrscht seit den Anschlägen von Paris am 13. November vergangenen Jahres der Ausnahmezustand. Er wurde unlängst vom französischen Parlament mit überwältigender Mehrheit bis Ende Mai verlängert. Schon unmittelbar nach den Anschlägen war die europäische Menschenrechtskonvention, welche die fundamentalen Rechte europäischer Bürger festlegt, ausgesetzt worden.

Vom Ausnahmezustand in Frankreich wurde ebenso wie von der Aussetzung der europäischen Menschenrechtskonvention wenig Notiz genommen. Dies, obwohl sich die Europäische Union gerne als Wertegemeinschaft definiert und kleinere Staaten wie Österreich selbst dann maßregelt, wenn sie gar keine Verletzung europäischen Rechts begangen haben, wie etwa bei der Festlegung der umstrittenen Obergrenzen für Asylwerber. Darum geht es mir hier aber nicht.

Viel schlimmer ist es, dass die europäische Öffentlichkeit für das beständige Aushöhlen des Rechtsstaates wenig Sensibilität zeigt. Der Ausnahmezustand in Frankreich, der unmittelbar nach den Anschlägen vielleicht noch gerechtfertigt gewesen sein mag, wird nicht nur von einer großen Parlamentsmehrheit, sondern auch von der Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen. Bei uns wäre es wohl nicht anders. Die Öffentlichkeit interessiert es auch nicht, dass trotz Ausnahmezustands spektakuläre Fahndungserfolge der Polizei ausbleiben.

Im Gefolge der Terroranschläge von Paris wurde mittlerweile in Österreich das neue Staatsschutzgesetz beschlossen. Es gibt ein neues, natürlich zentrales Bundesamt für Verfassungsschutz, das zur Überwachung und Beschnüffelung der Bürger dient. Als Feigenblatt für den Rechtsstaat wird ein, natürlich zentraler, Rechtsschutzsenat eingerichtet, der Überwachungsmaßnahmen genehmigen muss. Der Rechtsschutzsenat ist aber nicht etwa ein Verwaltungsgericht, sondern besteht aus dem sogenannten Rechtsschutzbeauftragten und zwei Stellvertretern. Das sind, als ob es keine jüngeren ambitionierten Juristen geben würde, typischerweise pensionierte Beamte, denen die Regierungsparteien im Nationalrat vertrauen.

Er lebe so, dass er keine Angst haben müsse, wenn ihn jemand abhöre, hat Bundeskanzler Faymann einmal vor laufender Kamera gesagt. Offenbar befinden sich auch unsere Politiker im Ausnahmezustand.

Im Gefolge der Terroranschläge von Paris wurde mittlerweile in Österreich das neue Staatsschutzgesetz beschlossen.

peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.