80 Jahre und kein bisschen müde

Umwelt-Ikone und Russ-Preis-Trägerin Hildegard Breiner feiert am Montag Geburtstag.
Bregenz. Beim großen Eingangstor zum frisch renovierten Gebäude in der Bregenzer Thalgasse, wo sie im dritten Stock ihre Wohnung hat, holt Hildegard Breiner ihre Besucher gerne selber ab. „Wissen Sie, ich kann gar nicht oft genug durch diesen Eingangsbereich gehen.“ Sie deutet auf das alte Mauergewölbe der ehemaligen Brauerei, durch das der Weg zum Lift in den Wohnungsbereich führt. Hildegard Breiner strahlt. Sie wirkt frisch, attraktiv, mit flinken, regen Augen. Die Naturschutz-Ikone und Russ-Preis-Trägerin wird am Ostermontag 80 Jahre alt. „Ja, es geht mir wirklich gut. Und es ist komisch, wie ich diesen Geburtstag empfinde. Ich registriere um mich herum, wie viele Leute älter werden. Nur dass ich das auch tu’, wird mir gar nicht so richtig bewusst.“
Wie sollte es auch? Die Grande Dame der Anti-Atomkraftbewegung in Vorarlberg hat sich kaum verändert. Sie ist persönlich so charmant wie sie immer war, aber auch so kompromisslos in der Sache, wie man sie seit jeher kennt. Sie hat Kraft und Energie. Die vielen Lebensjahre haben davon nichts abnagen können.
Gutes Zuhause
„Mit Robustheit stattet dich ein geborgenes Zuhause aus“, sagt sie. „Ich bin in eine wunderbare Familie hineingeboren worden.“ Hildegard Böhler hieß sie damals. Ihr Vater hatte eine Autoreparaturwerkstätte. „Vielleicht nicht unbedingt das, worauf sich eine spätere Karriere als Umweltaktivistin gründet“, lächelt sie.
Hildegard packte im heimischen Betrieb mit an. Noch viel mehr, als ihr Vater früh starb. „Meine Mutter, meine ältere Schwester und ich führten das Geschäft weiter.“ Dann kam Franz-Viktor Breiner. Er eroberte das Herz der bildhübschen Bregenzerin. Geheiratet wurde am 23. Geburtstag der Braut.
Franz-Viktor, der kraftvolle Maschinenbau-Ingenieur, mit dem sie einen Sohn hat und heute auch drei Enkel, war ihr Mentor. „Anfangs trat ich ja nur als die Frau des Aktivisten in Erscheinung. Doch das änderte sich bald, und ich entwickelte jene Leidenschaft für Natur und Umwelt, die ich bis heute habe.“ Hildegard Breiner schrieb durch ihr Engagement Umwelt-Geschichte. Erst gemeinsam mit ihrem Mann, und später, nach dessen Tod 1998, auch alleine. Es begann mit dem Widerstand gegen die geplante Ölraffinerie und das Atomkraftwerk im schweizerischen Rüthi. Das war Mitte der 60er-Jahre. Dann kamen die Proteste gegen Zwentendorf. In einer Volksabstimmung 1978 wurde der Bau des Atomkraftwerkes abgelehnt. „Das war eine Sensation“, sagt Breiner noch heute. Es folgten die turbulenten Demonstrationen gegen Wackersdorf 1985 bis 1989.
Und auch danach bis heute: Stets steht Hildegard Breiner an der Spitze, wenn es gegen Atomkraftwerke in der Schweiz geht, für Ökostrom, für Naturschutz in allen Variationen.
Feiern in Südtirol
Zufriedenheit lässt sie selten aufkommen. „Klar gibt es positive Errungenschaften für Natur- und Umweltschutz. Wir haben einen reinen See, Mülltrennung, ein gesteigertes Umweltbewusstsein. Aber die Natur verliert noch oft genug. Und man lässt uns nur die kleinen Erfolge.“ Daher wird Hildegard Breiner weiter kämpfen: für Rhesi, für mehr Ökostrom, für mehr Naturräume und gegen Atomkraft. Sie wird das in ihrer bewährten Art tun: charmant, aber entschlossen und kompromisslos.
Ihr persönlicher Wunsch zum 80er? „Dass ich möglichst lange noch so gesund und aktiv bleibe.“ Zum Geburtstag fährt sie ausnahmsweise an Ostern einmal weg. „Nach Brixen in Südtirol. Dort verbringe ich mit meinem Sohn, den Enkelkindern und meiner besten Freundin ein paar Urlaubstage.“



Zur Person
Hildegard Breiner
ist Obfrau vom Vorarlberger Naturschutzbund und Vizepräsidentin vom Österreichischen Naturschutzbund.
Geboren: 28. März 1936
Laufbahn: Handelsschule, im elterlichen Betrieb „Zentralgarage Böhler“ mitgearbeitet, Prokuristin im Bäckereitechnik-Betrieb ihres Mannes.
Familie: war verheiratet mit Franz Viktor Breiner († 1998), ein Sohn, drei Enkelkinder
Auszeichnungen: Binding-Preis für Natur- und Umweltschutz (2000), Nuclear Free Future Lifetime Achievement Award (2004), Russ-Preis und -Ring (2008), usw.