„Das ist doch krank“

Neos-Chef Matthias Strolz erklärt, warum Schulen ihre Lehrer feuern dürfen sollten.
Schwarzach. Matthias Strolz ist sich sicher: Freihandelsabkommen schützen vor Kriegen. Der Neos-Chef aus Vorarlberg erklärt im VN-Gespräch die Gründe. Außerdem geht ihm Vorarlbergs Bildungspapier nicht weit genug: „Uns fehlt noch einiges.“ Etwa, „dass man die fünf Prozent der Lehrer, die im falschen Beruf gelandet sind, verabschieden kann“.
Wie groß ist der Neos-Anteil am Wahlsieg Van der Bellens?
Strolz: Wir haben zunächst Griss und dann in der Stichwahl Van der Bellen unterstützt. Wobei ich den Wahlkampf in den letzten Wochen teils echt beklemmend gefunden habe.
Ist das dem Umstand eines Duells geschuldet, was eine Stichwahl automatisch ist?
Strolz: Nein. Ich glaube, dieses Niveau tut einem Land nicht gut. Ein Aktivist von uns ist als Freund von Vergewaltigern beschimpft worden, nur weil er Van der Bellen gewählt hat. Da sind wir an einem Punkt, wo ich sage: nicht weiter! Jeder ist in der Pflicht. Auch ich werde meine Schritte hinterfragen. Wir wollen dazu beitragen, dass das Klima besser wird.
Als Oppositionspartei sollten Sie aber kritisieren und auffallen. Ist das eine Gratwanderung?
Strolz: Ja. Und die fällt nicht leicht. Es kann sein, dass man ab und zu links und rechts des Grats abrutscht. Wir verstehen uns als positive und konstruktive Kraft. Aber wenn ich jeden Tag nur lobe, komme ich nicht vor.
Sie werben derzeit für Ihre Bildungspolitik. Sollte Vorarlberg eine flächendeckende Gesamtschul-Modellregion werden?
Strolz: Vorarlberg sollte die Möglichkeit erhalten, voranzugehen. Die 15-Prozent-Regel wird eh nicht kommen. Rot und Schwarz haben mittlerweile erkannt, dass sie völliger Schwachsinn ist.
Was halten Sie von den Vorarlberger Plänen?
Strolz: Uns fehlt darin noch einiges. Wir sind dafür, dass die Sprengel vollkommen abgeschafft werden. Wir sind dafür, dass man die Lehrer an den Schulen anstellt. Also auch, dass man die fünf Prozent der Lehrer, die im falschen Beruf gelandet sind, verabschieden kann.
Wer soll das entscheiden?
Strolz: Die Schulleitung und der Schulgemeinschaftsausschuss. Das ist wie in jedem Beruf. Wenn Sie schlechte Arbeit leisten, sollten Sie sich weiterentwickeln. Sonst müssen Sie gehen. Es gibt
ein Berufssegment, in dem man das nicht so macht. Dort sagt man: Der ist zwar nicht gut, er kann nicht mit Kindern umgehen. Aber das macht nichts, es sind ja nur noch 30 Jahre. Das ist doch krank.
In Bregenz haben Tausende Menschen gegen „TTIP, Monsanto & Co.“ demonstriert. Würden Sie bei so etwas mitmarschieren?
Strolz: Kommt darauf an, wer das organisiert und mit welchem Schwerpunkt.
Nehmen wir den Schwerpunkt TTIP. Sind Sie auch dagegen?
Strolz: Wir haben große Probleme mit TTIP, so wie es in den letzten Jahren angebahnt wurde. Gleichzeitig bekennen wir uns zum Freihandel. Ohne Freihandel wären wir in nationaler Abschottung und hätten einen Bruchteil des Wohlstands, den wir heute haben.
Wozu braucht es TTIP?
Strolz: Es macht keinen Sinn, dass auf dem europäischen und amerikanischen Markt andere Auflagen für Traktorsitze oder Waschmaschinen gelten. Das Thema Landwirtschaft muss aber aus den Verhandlungen rausgenommen werden.
Warum wird TTIP in Österreich so kritisch, teilweise hysterisch, abgelehnt?
Strolz: Weil es viele für billigen Populismus nutzen.
Auch bei der Bundespräsidentenwahl?
Strolz: Ja, unglaublich. Ich fand es nicht okay, als Van der Bellen seine Position verlassen hat. Er war am Anfang sehr differenziert und bedachtsam.
Soll es ein Abkommen zwischen den USA und der EU geben?
Strolz: Wir haben damit die Chance, die USA von unseren Standards zu überzeugen. Das „right to regulate“ wird bleiben. Niemand kann uns eine genmanipulierte Landwirtschaft aufs Auge drücken.
Falls doch, sehen wir Sie auf einer Demonstration?
Strolz: Wie gesagt, kommt darauf an, wer sie organisiert. Für platten Populismus bin ich nicht zu haben. Hätten wir keinen Freihandel in Europa gehabt, wären wir ganz woanders. Ungarn schottet sich zum Beispiel gerade ab. Da werden österreichische Firmen verschaukelt und zu Millionenzahlungen gezwungen. Das ist der Beginn eines falschen Weges. Nach der Abschottung kommen wirtschaftliche Barrieren, dann eskaliert es weiter. Irgendwann sind wir bei Nachbarstreitigkeiten. Es ist ja nicht so, dass der Krieg nie mehr nach Europa zurückkehren kann.
Vom Freihandelsabkommen zum Krieg? Das ist aber ein weiter Bogen.
Strolz: Nein. Freihandel ist die beste Versicherung für Frieden. Nationen, die eng kooperieren, haben höchstes Interesse, dass der Friede nicht gefährdet wird.
Sie sind Bereichssprecher für Unterricht, Elementarpädagogik, Religion und Zukunft. Was heißt Zukunft?
Strolz: Diese Sprecherfunktion habe ich? Wo steht das?
Auf der Neos-Homepage.
Strolz: Da muss ich nachschauen. Das gefällt mir, aber es war mir nicht bewusst. Ich glaube, das ist eine gute Zusammenfassung für die Bereiche, die ich habe.
Sind nicht alle Themen irgendwie Zukunft?
Strolz: Wir sind Anwalt für eine gute Zukunft. Das ist die Überschrift für Neos. Den Rest muss ich mir auf der Webseite anschauen. Ab und zu geschehen auch im Neos-Universum Dinge, die ich nicht weiß (lacht).
Hätten wir keinen Freihandel gehabt, wären wir woanders.
Matthias Strolz
