Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

(K)ein Skandal

Vorarlberg / 02.06.2016 • 19:05 Uhr

In vier Bezirken Österreichs wurden noch am Abend der Bundespräsidentenwahl die Briefwahlstimmen ausgezählt, obwohl das Gesetz klipp und klar anordnet, dass damit erst am Montag nach der Wahl um 9 Uhr begonnen werden darf. Einen tieferen Sinn hat das Gesetz nicht, im Gegenteil: Es spräche vieles dafür, nach Schließung der Wahllokale mit dem Auszählen der Stimmzettel zu beginnen, die ja bis dann bei der Wahlbehörde eingelangt sein müssen. Das Gesetz ist halt so wie viele andere Bundesgesetze auch: Es trifft eine sinnlose, aber dafür einheitliche Anordnung.

Dass vier von etwa 100 Bezirkswahlbehörden früher mit der Stimmenauszählung begonnen haben, ist noch kein Skandal. Ich habe an der Richtigkeit des Ergebnisses keine Zweifel. Ein richtiger Skandal wäre es nur, wenn die Juristen von vier Bezirkshauptmannschaften im Wahlprotokoll einen falschen Zeitpunkt (Montag 9 Uhr statt tatsächlich Sonntagabend) als Beginn des Stimmenauszählens angegeben hätten. Dies wäre nämlich eine Falschbeurkundung. Das weiß ich aber nicht und unterstelle es daher auch niemandem.

Es ist auch kein Skandal, wenn, wie in einer Gemeinde geschehen, ein paar Jugendlichen unter 16 Jahren irrtümlich das Wahlrecht zuerkannt wird. Vielmehr handelt es sich um einen Fehler, der bei einer Vielzahl von Wahlbehörden und Wahllokalen nun einmal vorkommen kann. Solche Unzulänglichkeiten wirken sich auf das Ergebnis zumeist nicht wesentlich aus oder heben sich gegenseitig auf.

Manche fragen sich allerdings, ob die herkömmliche Form der Wahl überhaupt noch zeitgemäß ist und ob wir nicht elektronisch abstimmen sollten. Es mag sein, dass die technischen Voraussetzungen für eine elektronische Wahl gegeben sind. Es muss aber klar sein, dass die Manipulationsgefahren bei der elektronischen Wahl ungleich größer sind als bei der traditionellen. Ein winziger Eingriff und das Ergebnis ist in großem Stil und unüberprüfbar verändert.

Gerade die in Demokratiefragen äußerst innovativen Schweizer sind bei der elektronischen Wahl über einige Pilotversuche nicht hinausgekommen, zu groß ist die Angst vor einer Wahlmanipulation. Diese Gefahr ist in Österreich sicherlich nicht geringer. Deshalb sollte man sich darauf beschränken, die Briefwahl zu optimieren und keine gefährlichen Experimente einzugehen.

Manche fragen sich allerdings, ob die herkömmliche Form der Wahl überhaupt noch zeitgemäß ist.

peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.