Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Neues Regieren?

Vorarlberg / 09.06.2016 • 22:09 Uhr

Ein neues Regieren, einen „new deal“ hat der neue Bundeskanzler Christian Kern angekündigt, was in der Öffentlichkeit überaus positiv aufgenommen worden ist. Die Menschen haben eine als Stillstand empfundene Politik, in der sich die Regierungsparteien gegenseitig belauern, als ob sie Mikado-Spieler wären, einfach satt.

 

Der Begriff „new deal“ ist mit einem großen Arbeitsbeschaffungsprogramm des amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts verknüpft. Die Methode, dass der Staat Schulden aufnimmt, mit diesem Geld Projekte wie Straßen und andere Infrastrukturen finanziert, um damit Beschäftigung zu produzieren, wurde seither unzählige Male kopiert. Sie funktioniert in der Theorie, sofern genügend Menschen neue Beschäftigungsmöglichkeiten finden, um durch die Steuern auf ihr neues Einkommen dem Staat die Rückzahlung seiner Schulden zu ermöglichen. Ob Roosevelts „new deal“ dieses Versprechen in der Praxis eingelöst hätte, weiß man eigentlich nicht. Wenig später brach der Zweite Weltkrieg aus, an dessen Ende die USA eine Supermacht waren und der Aufschwung für genug Arbeit und Einkommen für alle sorgte, auch für den Staat.

 

Für den neuen Bundeskanzler war aber wohl nicht maßgebend, ob der new deal nun ein gelungenes Experiment war oder nicht: Entscheidend für ihn war, dass es sich um einen positiv besetzten Begriff handelt, mit dem er neues Regieren ankündigt.

 

Eine gute Gelegenheit, dieses Versprechen umzusetzen, hätte die Besetzung der Funktion des Präsidenten des Rechnungshofes geboten. Am besten wäre es gewesen, die Position im Vorfeld öffentlich auszuschreiben, wie das mittlerweile bei nahezu jeder Kanzleistelle praktiziert wird. Bei einer der höchsten Funktionen verzichtet man darauf. Dem Bundeskanzler war offenbar selbst nicht ganz wohl dabei: Er sei, so ließ er die Öffentlichkeit wissen, über die Kandidatenriege nicht besonders glücklich und hätte ganz unabhängige Kandidaten vorgezogen.

 

Immerhin konnten sich die Regierungsparteien letztlich auf eine qualifizierte Kandidatin einigen, die bis jetzt einen Landesrechnungshof geleitet hat. Damit wurde auch ein wichtiges Signal gesetzt, gerade was die Anerkennung dieser vom Rechnungshof bisher nicht immer besonders gewürdigten Einrichtungen der Länder betrifft.

Ob Roosevelts ,new deal‘ dieses Versprechen in der Praxis eingelöst hätte, weiß man eigentlich nicht.

peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.