„Es ist irrsinnig viel unklar“

Vorarlberg / 04.07.2016 • 19:22 Uhr
„Es ist irrsinnig viel unklar“

Experte Steininger (SPÖ) über den Hypo-U-Ausschuss und seine juristischen Tücken.

Schwarzach. Der Götzner Florian Steininger arbeitet seit 2010 für die SPÖ in Wien. Der Jurist begleitete den Hypo-U-Ausschuss im Nationalrat. Dem ersten Vorarlberger Untersuchungsausschuss bescheinigt er durchaus Erfolgschancen. Allerdings sei das Gesetz dürftig: „Es ist völlig absurd, wenn sich Mitglieder des Ausschusses durch Berge von Papier wühlen müssen“, analysiert der Experte.

Welche Punkte könnten zu juristischen Streitereien führen?

Steininger: In der Landesverfassung und der Landtagsgeschäftsordnung gibt es jeweils nur einen Artikel, der das Verfahren tatsächlich regelt. Das bedeutet, dass irrsinnig viel unklar ist. Es gibt zum Beispiel keine Bestimmung, wie dem Ausschuss Akten und Unterlagen übermittelt werden.

Im Antrag zur Aktenanforderung wird auch die Hypo-Aktiengesellschaft aufgefordert, Unterlagen zu liefern. Muss sie das?

Steininger: Die Aktiengesellschaft ist ein ausgegliedertes Unternehmen und an sich nicht vorlagepflichtig. Das hält die Bank aber nicht davon ab, Akten zu schicken, sofern es ihr möglich ist. Diese Möglichkeit sollte sie auch nutzen.

Wer schlichtet einen Streit?

Steininger: Es gibt überhaupt kein Streitverfahren. Bei juristischen Konflikten im Bund kann der U-Ausschuss den Verfassungsgerichtshof fragen. In Vorarlberg ist das nicht vorgesehen.

Und wer entscheidet im Land?

Steininger: Jede Stelle hat selbst zu prüfen, ob die Verpflichtung besteht, diese oder jene Akten vorzulegen. Das ist eine unbefriedigende Situation. Diese Stellen laufen so Gefahr, die rechtliche Norm zu verletzen.

Wie können dann Streitfragen geklärt werden?

Steininger: Wie früher im Bund, indem sich die Abgeordneten zusammensetzen und eine Lösung finden. Es gab beispielsweise Bedenken der Justiz, dass gewisse Akten ein Verfahren behindern könnten. Die gemeinsame Lösung: Über gewisse Bereiche wurde nicht befragt, dafür gab die Justiz Auskunft und der Ausschuss kam an Informationen.

Kann dieser U-Ausschuss mit seinen vagen Regeln überhaupt zu einem Ergebnis führen?

Steininger: Das ist eher eine inhaltliche Frage. Aber ja, ich denke schon. Am Anfang haben alle damit gerechnet, dass der Ausschuss keine Akten bekommt. Jetzt stellt es sich so dar, dass der Ausschuss sehr viele Informationen erhält.

Was könnte der Ausschuss herausfinden?

Steininger: Die Abweichung zwischen Ankündigung der Landesregierung und dem, was tatsächlich passiert ist, und weshalb es diese Abweichungen gibt. Am Ende kann man daraus die politische Verantwortung ziehen.

Peter Bußjäger hat bezweifelt, dass der Ausschuss zu Ergebnissen führt, weil rechtlich das Land keinen Einfluss auf die Bank habe.

Steininger: Ich schätze den Kollegen Bußjäger sehr, aber in dem Bereich läuft ihm ein bisschen die Regelung davon. Ja, bei der Bank hat er recht. Sie kann nur freiwillig liefern. Das wäre aber angemessen, da sie zu zwei Dritteln in Landeseigentum steht. Die andere Frage betrifft die Landesholding, welche die Anteile an der Hypo verwaltet. Die Holding gehört dem Land und sämtliche Organe werden von der Landesregierung bestellt.

Und dadurch ist sie prüfbar?

Steininger: Ja, genau.

Was könnte der Hypo-U-Ausschuss in Vorarlberg vom Hypo-U-Ausschuss in Wien alles lernen?

Steininger: Einiges. Zum Beispiel, was mit Menschen passiert, die nicht aussagen wollen oder nicht auftauchen. Mit Ordnungsgeldern kann man da viel erreichen. Oder wie man Akten aufbereitet. Der Bund arbeitet seit 2006 mit einer Datenbank. Es ist völlig absurd, wenn sich Mitglieder des Ausschusses durch Berge von Papier wühlen müssen.

Was sollte bei der nächsten Überarbeitung der U-Ausschuss-Regeln als Erstes angegangen werden?

Steininger: Die Streitstelle ist wichtig, und die Frage, wer welche Akten zu liefern hat. Auch die Teilnehmerrechte gehören überarbeitet. Bei Landesrechnungshof und Landesvolksanwalt sind die Regeln nicht ganz geglückt.

Weil sie kein Rederecht haben?

Steininger: Sie sollen einen objektivierenden Beitrag zum U-Ausschuss leisten. Wenn sie sich nicht einbringen dürfen, ist das eigentlich unmöglich. Entweder man setzt das Ziel um und räumt den Institutionen diese Rechte ein, oder man sagt „Nein, der Landtag kann das selber.“ Aktuell haben wir eine Zwitterlösung. Ein bisschen lässt man sie rein, aber nicht wirklich.

Der U-Ausschuss wird sehr viele Informationen bekommen.

Florian Steininger

Zur Person

Florian Steininger

Jurist, seit 2010 Klubsekretär bei der Bundes-SPÖ.

Geboren: 14. November 1984

Ausbildung: Studium Rechts- und Politikwissenschaft

Wohnort: Wien, stammt aus Götzis.