„Menschen sind mir wichtiger als Häuser“

Vorarlberg / 02.10.2016 • 18:22 Uhr
So soll die Bildsteiner Kirche in gut einem Jahr aussehen. Visualisierung: Lenz
So soll die Bildsteiner Kirche in gut einem Jahr aussehen. Visualisierung: Lenz

Pfarrer Burtscher setzt sich mit den Ereignissen der letzten Monate auseinander.

 Sind Sie jetzt, nach dem Beschluss des Renovierungskonzepts Ihrer Kirche, ein glück­licher Pfarrer und Mensch?

Burtscher: Ich fühle eine große Erleichterung, auch wenn nicht alle zufrieden sind. Ich glaube aber, dass die acht Monate Nachdenkpause zu einem geglückten Kompromiss geführt haben. Ein Kompromiss, mit dem 80 bis 90 Prozent der Bildsteiner einverstanden sind.

Können Sie die Einwände der Renovierungskritiker irgendwie verstehen?

Burtscher: Aus deren Blickwinkel ja. Sie wollten den Erhalt der alten Kirche. Aber wenn es eine Kirchenrenovierung gibt, die 50 Jahre Bestand haben soll, dann muss man das genauso als Auftrag für eine Neugestaltung beziehungsweise eine Neuausrichtung sehen.

Wie erklären Sie sich diese Liebe zur Bildsteiner Wallfahrtskirche so wie sie war bzw. ist?

Burtscher: Es ist die Liebe zu einer bestimmten Vorstellung davon, wie die Kirche sein soll. Auch lieben diese Menschen Altäre. Und um die ging es in der Diskussion ja auch. Ich stelle mir für die Kirche aber genauso Offenheit und Neuausrichtung vor. Es geht eben auch um den Blick in die Zukunft und darum, wie wir junge Leute für die Kirche gewinnen. Das kann man nicht, wenn man nicht für Veränderungen offen ist. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch daran erinnern, dass Kirchenrenovierungen an anderen Orten ebenfalls zuerst auf Ablehnung stießen und später dann auf Akzeptanz. Beispiel Lingenau, Beispiel Lustenau Peter & Paul.

Bei der vorwöchigen Informationsveranstaltung hat die Moderatorin ältere Kritiker, die ihre Einwände zum Ausdruck brachten, doch recht rüde zurechtgewiesen und dadurch Emotionen ausgelöst. Wie fanden Sie das?

Burtscher: Das hat mir nicht gefallen. Ich möchte auch noch mit jener Frau reden, die bei ihrer Wortmeldung ihre schriftlichen Notizen nicht hatte benützen dürfen. Ich sage: Menschen sind mir wichtiger als Häuser. Ich möchte in Bildstein nicht als Bauherr in Erinnerung bleiben, und wenn, dann nur als Brückenbauer.

Was haben Sie aus den letzten Monaten gelernt?

Burtscher: Mir ist bewusst geworden, dass man Veränderungen nicht einfach verordnen kann. Sie müssen wachsen, und man braucht dafür eine umfassende Kommunikation. Mir ist auch klar geworden, dass die Kritiker solcher Projekte viel mutiger sind als jene, die sie befürworten. Die artikulieren sich eben nicht im selben Ausmaß.

Würden Sie im Nachhinein auch Selbstkritik üben?

Burtscher: Ja. Wir hätten mit der Bevölkerung besser kommunizieren sollen.

Bei allem Wirbel um die Bildsteiner Kirche. Ist es nicht grundsätzlich schön, wenn Menschen Gotteshäuser so wichtig sind, dass Sie sich entsprechend engagieren?

Burtscher: Es ist in der Tat bemerkenswert, wie sich Menschen gerade bei Kirchenrenovierungen derart massiv einbringen – auf die eine oder andere Art. Es ist nur schade, wenn die negativen Emotionen in den Vordergrund treten. Aber das Interesse für Kirchengestaltung ist generell zu begrüßen.

Was gefällt Ihnen am jetzt vorliegenden Entwurf besonders?

Burtscher: Mir gefällt vieles: Die Altarraumgestaltung, der Gebetsraum in der Apsis, mir gefällt die Neupositionierung der Pietà auf der Seite. Und vor allem gefällt mir das Gnadenbild im Zentrum. Es ist auf dem Stein. Von da rührt ja auch der Name Bildstein her.

Was wollen Sie in den kommenden Wochen und Monaten tun, damit aus wohlgelittener Akzeptanz der Renovierung vielleicht auch sowas wie Liebe wird?

Burtscher: Es bleibt jetzt nicht viel übrig, als auf den Baustart im Jänner zu warten. Danach wird’s wie in einer Schwangerschaft, die wir hoffentlich alle mit positiven Gedanken begleiten. Wenn das Projekt dann geboren ist und wir es Ende kommenden Jahres einweihen, hoffe ich, dass die Liebe dazu allmählich wächst.

Zur Person

Paul Burtscher

Der im Dezember 1954 in Fontanella geborene Großwalsertaler ist bereits acht Jahre als Pfarrer im Wallfahrtsort Bildstein tätig. Zuvor war er Kaplan in Fraxern, Weiler, Klaus und Bludenz sowie Pfarrer in Meiningen.