(K)ein Experiment?
Die Diskussion über die Erlaubnis für Asylwerber, bestimmte gemeinnützige Arbeiten verrichten zu dürfen, ist beschämend. Zuletzt wurde darüber gestritten, ob fünf Euro in der Stunde deshalb zu viel sind, weil Österreich dadurch ein zu attraktives Zielland für Asylwerber würde.
Zweifellos darf man das Problem nicht unterschätzen, dass viele Menschen zu uns strömen, weil sie sich hier einfach ein besseres Leben erwarten. Die Aussicht, für eine Stunde Arbeit fünf Euro zu verdienen, wird sich allerdings nicht auswirken. Wer wirklich bedroht ist, flüchtet nämlich, sofern es irgendwie möglich ist. Bei den Armutsflüchtlingen hingegen sind ganz andere Kriterien dafür verantwortlich, dass sie den Weg nach Österreich suchen. Zum Beispiel, weil sie damit rechnen können, dass Asylverfahren in Österreich sehr schleppend abgewickelt werden und dass bei negativem Ausgang ihr Risiko, tatsächlich abgeschoben zu werden, verhältnismäßig gering ist. Wer Österreich als Zielland für Armutsflüchtlinge unattraktiv machen will, sollte für rasche rechtsstaatliche Verfahren und deren Durchsetzung sorgen.
Hinter dem Projekt der Beschäftigung und einigermaßen fairen Entlohnung für Asylwerber steht der Gedanke, dass bezahlte Arbeit vor allem den vielen jungen Männern unter ihnen gut tut. Soziologen behaupten ja schon längst, dass beschäftigungslose junge Männer für jede Gesellschaft ein besonderes Problem darstellen. Darin liegt auch der Unterschied zu ehrenamtlicher Tätigkeit von Menschen, die bereits jetzt in der Gesellschaft gut integriert sind.
Einen interessanten Vorschlag hat jetzt Bundeskanzler Kern gemacht: Er findet, man solle die Höhe der Bezahlung den Bürgermeistern überlassen. Keine schlechte Idee! Keine Gemeinde käme wohl auf die Idee, gute Arbeit mit einem oder zwei Euro abzutun. Man kann gespannt sein, was aus dem Vorschlag wird. Wird das Land lieber Zeit damit vergeuden, darüber zu diskutieren, ob Asylwerber österreichweit einheitlich zweieinhalb oder fünf Euro verdienen dürfen, oder wenigstens einmal ein Experiment wagen?
Wer wirklich bedroht ist, flüchtet nämlich, sofern es irgendwie möglich ist.
peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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