Plädoyer für Kleingemeinden

Vorarlberg / 24.11.2016 • 19:22 Uhr
Mödlhammer über die Versuche, mehr Frauen für das Bürgermeisteramt zu begeistern: „Ein mühsames Unterfangen.“ Foto: VN/Hofmeister
Mödlhammer über die Versuche, mehr Frauen für das Bürgermeisteramt zu begeistern: „Ein mühsames Unterfangen.“ Foto: VN/Hofmeister

Für Gemeindebund-Chef Mödlhammer haben kleine Gemeinden zahlreiche Vorteile.

Dornbirn. Helmut Mödlhammer steht seit 1999 Österreichs Gemeinden vor. Im März 2017 ist Schluss, dann übergibt er sein Amt des Gemeindebundpräsidenten. Den wohl letzten großen Auftritt hat er schon hinter sich: Bei den Finanzausgleichsverhandlungen verschaffte er sich mit der Forderung nach 500 Millionen Euro extra Gehör. Am Mittwoch war er bei den Standortgesprächen (mehr dazu auf Seite D3) zu Gast. Mit den VN sprach er über Gemeindefusionen, Bürgermeisterinnen und den Finanzausgleich.

500 Millionen Euro sind es nicht geworden, auch die Länder forderten diesen Betrag. Auf 300 Millionen Euro ließ sich der Finanzminister weichklopfen, ein Drittel davon bekommen die Gemeinden. Also rund 100 Millionen: „Nun müssen wir den Kuchen aufteilen, da gibt es unterschiedliche Meinungen“, schildert Mödlhammer. Seine Forderungen im Vorfeld zu artikulieren, war im Aufmerksamkeitswettbewerb zwischen Landeshauptleuten und Bundesverantwortlichen kein einfaches Unterfangen, wie er ausführt: „Wir sind die Vertreter der kleinsten Einheit, deshalb sind wir diejenigen, die am lautesten schreien müssen.“

Gegen Verpflichtungen

Die Landespolitik diskutiert aktuell zwei Gemeindethemen. Einerseits rückte eine Veranstaltung des Landesrechnungshofs die Gemeindefusionen in den Fokus. Andererseits trat die Opposition im Landtag gemeinsam vor die Presse, um mehr Tempo bei der Reform des Gemeindegesetzes zu fordern. Dazu legten die Parteien Ideen vor, etwa verpflichtende Bürgerbeteiligung. Mödlhammers Meinung: „Ich halte von Verpflichtungen in diesem Bereich überhaupt nichts.“ Dass Bürger von sich aus Beteiligung einfordern dürfen, sei aber sinnvoll. Mödlhammer warnt zudem vor einem Recht auf schriftliche Anfragen: „Eine Gemeinde ist kein Landtag. Es gibt das mündliche Anfragerecht, das soll man natürlich nützen.“

Kleine Gemeinden haben für Mödlhammer viele Vorteile: Bürger würden der Verwaltung eher vertrauen, sich mehr beteiligen und wohler fühlen. Deshalb seien Fusionen vorsichtig zu betrachten. Der Schweizer Experte Reto Steiner erklärte im VN-Interview, dass damit kein Geld gespart werde, die Qualität der Angebote verbessere sich aber. Mödlhammer relativiert: „In fachlicher Hinsicht stimmt das vielleicht. Beim hochgelobten Vorbild Dänemark habe ich keinen Menschen lächelnd aus dem Gemeindezentrum rausgehen sehen. Die haben da Nummern, keine Namen mehr.“

Die Gemeindestruktur in Vorarlberg ist seit 1947 unverändert. „Sie wird sich auch in den nächsten 30 Jahren nicht wesentlich ändern, Vorarlbergs Gemeinden funktionieren gut“, ist sich Mödlhammer sicher. Die Gemeinden müssten sich jedoch überlegen, welche Aufgaben sie abgeben. „Das Spitalswesen zum Beispiel ist keine Gemeindeaufgabe.“

Zu wenig Gehalt

Ein weiterer Vorteil kleiner Gemeinden sei die Nähe zum Bürgermeister: „Er ist Manager, Psychologe, Mutmacher, Mädchen für alles.“ Allerdings würden sie zu wenig verdienen: „Ein Bürgermeister einer Kleingemeinde kann von seinem Gehalt kaum leben.“ Dennoch rät er jungen Menschen zu diesem Amt: „Es ist die schwierigste, aber auch die schönste Aufgabe.“

Mödlhammer würde gerne mehr Frauen an der Spitze sehen: „Es ist ein mühsames Unterfangen.“ Vor 18 Jahren waren 35 Gemeinden von Frauen geführt worden, heute sind es 169 (von 2100). Dies sei ohne Direktwahl einfacher. „Aber ich bin ein Fan der Direktwahl. Der Bürgermeister steht in seiner Funktion über den Parteien.“ Er ist guter Dinge, was die Verweiblichung auf den Gemeindechefsesseln angeht: „Wenn die Entwicklung so weitergeht, haben wir in 25 Jahren ein ausgeglichenes Verhältnis.“ Was dann nicht mehr in Mödlhammers Amtszeit fällt. Er übergibt im März. An wen, steht offiziell noch nicht fest. /Mehr dazu auf Seite D3