Landschaftsgestalter mit scharfen Zähnen

Vorarlberg / 07.03.2017 • 20:00 Uhr
Agnes Steininger platziert sich vor einem „Kunstwerk“ der Biber. Die sind sehr fleißig.      Foto: VN/Hartinger
Agnes Steininger platziert sich vor einem „Kunstwerk“ der Biber. Die sind sehr fleißig.     Foto: VN/Hartinger

Die Biber sind da. Man sieht sie zwar nicht, dafür aber ihre Werke in der Natur.

Hohenems, Lochau. Ihre Spuren sind unübersehbar, und sie werden täglich von sehr vielen Menschen wahrgenommen. Welchem Autofahrer fallen sie nicht auf, die umgelegten Bäume am Koblacher Kanal zwischen Hohenems und Lustenau? So fokussiert kann gar keiner ausschließlich auf die Straße blicken. „Ja, die Biber haben hier fleißig gearbeitet“, schmunzelt Agnes Steininger (39), Biberexpertin von der inatura in Dornbirn. Wie gigantische Bleistifte liegen Dutzende Weidenbäume am und im Gewässer. Die Nager haben sie wie Kunstschnitzer bearbeitet, bis sie umfielen.

„Alles in Ordnung sagt Steininger“, und zeigt auf andere Bäume, die noch fest in der Erde stehen. Diese haben Metallgitter um ihren Stamm. „Damit die Biber nicht rankönnen.“ Es sind zumeist Eichen.

Wellnessbereich für Nager

„Wir haben geahnt, dass sich Biber hier wohlfühlen könnten und damit gerechnet, dass sie hierherziehen werden“, erzählt Steininger. Wobei die Expertin nur eines nicht sicher weiß: Sind die gefällten Weiden beim Hohenemser Kanal das Werk eines Bibers oder mehrerer Exemplare. „Wir haben zwar Aufnahmen von der Wildkamera. Die geben aber keine genaue Antwort auf diese Frage“, gesteht die Biologin.

Was sie sicher weiß: Es handelt sich bei den oder dem umtriebigen Nager(n) um Jungtiere, zwei bis zweieinhalb Jahre alt. Was sie auch weiß: Den Bibern gefällt es in Hohenems. Die Weiden, ihre Lieblingsspeise im Winter, sind hier – noch – zahlreich vorhanden. Abseits des Kanals gibt es kleine Tümpel, die Pfade am Ufer sind für die Biber ideales Gelände, kurzum: ein Wellnessbereich für die bei uns wieder ansässigen Tiere.

Schauplatzwechsel nach Lochau zum Mühlebach im Militärgelände nahe des Seeufers. Dort haben Biber eine Aulandschaft geschaffen. Strategisch fällten sie Bäume, stauten so kunstvoll das Wasser. „Damit schufen sie die gewünschte Wassertiefe, um sich richtig wohlzufühlen“, beschreibt Steininger die durchdachte Landschaftsgestaltung „ihrer“ Biber. Am Mühlebach haben sich die Nager auch einen riesigen Bau geschaffen. „Sie haben Lehm herbeigeschafft und  den Bau mit Holzstücken gefestigt.“

Die Zeit des Baumfällens ist für die Nager bis in den Herbst hinein so gut wie vorbei. „In der warmen Jahreszeit ernähren sie sich ja von Kräutern und Gräsern. Nur wenn es die dann nicht mehr gibt, gehen sie auf die Bäume los“, betont Agnes Steininger.

Die Leiterin des Biberprojekts spricht von ca. 80 Nagern, die sich in Vorarlberg von Feldkirch bis zum Bodensee und auch im Bregenzerwald breitgemacht haben. Lange Zeit waren Biber bei uns bekanntlich ausgestorben.

Fans und Kritiker

Ob es nicht bald zu viele werden? „Wir hoffen nicht. Noch können wir alles gut managen. Es gibt ja eine Reihe von Maßnahmen, zum Beispiel Gitterschutz für Bäume, mit denen man die Biber kontrollieren kann. Hochwasser und Revierkämpfe sorgen überdies für eine natürliche Selektion. Wenn sich Bibergruppen in die Quere kommen, gehen sie aufeinander los.“ Aus der Bevölkerung gibt es auf die Landschaftsgestaltung der Biber geteilte Reaktionen. Den einen sind sie unheimlich. Andere wiederum freuen sich über sie. „Da gibt es Menschen, die uns anrufen und fragen, ob die Tiere wohl noch da seien, wenn sie einige Zeit nichts von ihnen gesehen haben. Das freut mich.“