Plädoyer für Boden und Natur

Hildegard Breiner, Gerlind Weber und LR Rauch für Umdenken bei Flächennutzung.
Dornbirn. Der Boden ist eine nicht erneuerbare Ressource. Er ist das Objekt zahlreicher Begierden und muss deshalb geschützt und in Verantwortung für die kommenden Generationen verwendet werden. Darin sind sich die neue Naturschutzratsvorsitzende Gerlind Weber (64), Naturschutzbund-Obfrau Hildegard Breiner (80) und Umweltlandesrat Johannes Rauch (57) einig.
Memorandum
„Der Druck auf die Landschaft steigt. Da ist der Siedlungsdruck auf die Agrarflächen. Dieser Druck wird durch Intensivierung zu Lasten des Naturschutzes weitergereicht“, umreißt Weber den Teufelskreis. Den Druck erhöhe auch die Verpflichtung zur Energiewende, führt Weber als einen von acht Punkten in ihrem der Landesregierung überreichten Memorandum an. Und zwar durch die flächengebundene Gewinnung erneuerbarer Energieträger wie Geothermie, Solarfarmen und Biomasse für die Strom- und Wärmeerzeugung.
Bei Entscheidungen über die Nutzung von Flächen wird oft mit dem Schlüsselbegriff „öffentliches Interesse“ argumentiert. „Diesbezüglich wurde der Schaffung von Arbeitsplätzen bisher immer stärkeres ‚öffentliches Interesse‘ eingeräumt als der Natur“, beklagt Weber. Erstmals habe das Bundesverwaltungsgericht zu diesem Streitpunkt eine andere Sichtweise formuliert, bei der Nachhaltigkeit und Würdigung von Interessen nachfolgender Generationen ein höherer Stellenwert zukomme.
Gesamtkonzept gefordert
„Wir müssen Natur und Landschaft als Lebensgrundlagen erhalten“, mahnt Umweltschutz-Ikone und Russ-Preis-Trägerin Hildegard Breiner ein. Die größte Gefahr bei diesem Ansinnen sieht Breiner im „schleichenden Bodenverbrauch. Es geht ja immer um einzelne Fälle, um kleine Areale. In perfider Weise behandeln auch die Behörden alle als einzelne Fälle.“
Breiner wiederholt ihre Forderung nach einem Gesamtkonzept, mit der Festlegung gemeindeübergreifender Nutzungszonen als zentralem Inhalt. Sie ruft zu stärkerer Verdichtung, zur Verteidigung der Grünzone, zur Bestflächengarantie für die besten Ackerböden und zur Ausweisung von No-Go-Arealen auf. Breiner verweist in diesem Zusammenhang auf das 2016 von der UNO ausgerufene Jahr des Bodens. „Von der Wichtigkeit her dürfte dieses Jahr des Bodens gar nicht zu Ende gehen“, betont die Umweltaktivistin.
Interessenskonflikte
Dass die kargen Flächen vor allem im Rheintal im Nutzungsspannungsfeld von Wohnraumbeschaffung, Betriebsstättenentwicklung, Freizeitnutzung und landwirtschaftlicher Verwendung stehen, ist eine Tatsache, mit der sich Umweltlandesrat Johannes Rauch tagtäglich auseinandersetzen muss. All diese Ansprüche stünden oft in direkter Konkurrenz zueinander, betont Rauch.
Allein zwischen Feldkirch und Bregenz leben und arbeiten mittlerweile 280.000 Menschen mit einer Vielfalt an beruflichen und privaten Interessen, die sich auf die Flächennutzung auswirken.
Kritik übt Rauch an den seiner Meinung nach unzureichenden rechtlichen Möglichkeiten für Naturschützer. „Man denke nur an das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz. Das wird immer wieder umgangen, indem man Großprojekte zerstückelt und so einer UVP entrinnt“, erläutert Rauch.
Einmal mehr bemängelt der Umweltlandesrat auch das Fehlen eines effektiven Landesbodenschutzgesetzes. „So ist es mangels rechtlicher Grundlage immer noch nicht möglich, das Ausbringen von Plastikmüll zusammen mit Kompost oder Dünger zu ahnden. Das hat sich bei der Causa Häusle deutlich gezeigt“, kritisiert das Regierungsmitglied.
Der Druck auf unsere Landschaft wird zusehends stärker.
Gerlind Weber
Das große Problem ist der schleichende Bodenverbrauch.
Hildegard Breiner