Neue Hilfe im schweren Alltag

Stöger präsentiert Alltagshilfe für Pflegebedürftige. Sie ist Teil der Aktion 20.000.
Wien, Schwarzach. So etwas fällt wohl in die Kategorie „Fakten schaffen“. Während sich die Bundesregierung nach wie vor nicht auf die Details zur Aktion 20.000 einigen kann, präsentiert Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) ein weiteres Projekt der Aktion. Es heißt „Selbstständig Leben Daheim“ und soll Pflegebedürftigen einen Assistenten im Alltag ermöglichen. Und zwar durch Langzeitarbeitslose über 50, für die bis Ende 2018 insgesamt 20.000 neue Jobs geplant sind. „Selbstständig Leben Daheim“ könnte bis zu zehn Prozent dieser Jobs schaffen, betont Stöger. Also 2000. Geht es nach dem Sozialminister, sollen bereits ab 1. Juli rund 400 solcher Stellen entstehen, und zwar in Modellregionen in ganz Österreich. In Vorarlberg wurde der Bezirk Bregenz zur Modellregion auserkoren. Dass sich dort der Test ab 1. Juli ausgeht, ist eher unwahrscheinlich.
Die Theorie ist einfach: Das Arbeitsmarktservice dient als Koordinationsstelle zwischen gemeldeten Langzeitarbeitslosen über 50 und den Pflegeorganisationen. Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz, Hilfswerk und die Volkshilfe waren in die Konzepterstellung eingebunden. Sie werden die Alltagshelfer vermitteln. Wer betreut werden darf, entscheidet die zuständige Organisation individuell; egal, ob jemand Pflegegeld bezieht.
In der Praxis wird sich Vorarlberg erst ein Modell überlegen müssen. Denn jene Träger, mit denen das Ministerium das Modell ersonnen hat, sind im Land nicht für die Pflege zuständig, erklärt Martin Staudinger, Leiter des Sozialservice Vorarlberg, den VN: „Wir haben hier eine komplett andere Struktur. Vielleicht kann man es an die Hauskrankenpflege anhängen.“ Die Planung des Projekts hat erst begonnen: „Wir werden jetzt einmal auf die Träger zugehen und den Bedarf untersuchen. Vielleicht läuft das Projekt dann über Mohi“, sagt Bernhard Bereuter, Chef des Vorarlberger AMS. Die zuständigen Stellen im Landhaus haben das fertige Konzept am Dienstag erhalten, dementsprechend erst wenig Zeit gehabt, sich damit zu befassen. „Wir wissen eigentlich noch nichts, wir werden uns nächste Woche mit dem AMS zusammensetzen“, heißt es aus dem Büro von Landesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne). Sie ist für Pflegeagenden zuständig, ein Alltagshelfer könnte allerdings auch in den Bereich „persönliche Assistenz“ fallen. Dieses Thema gehört wiederum ins Ressort von Landesrat Christian Bernhard (ÖVP). Er sagt: „Die Details müssen erst besprochen werden, aber grob beurteilt halte ich das Konzept für eine gute Geschichte. Ich glaube, die Zielgruppe der Langzeitarbeitslosen Älteren ist richtig für diese Aufgabe. Außerdem wird darauf geachtet, dass sich Pflege und Alltagshilfe nicht konkurrenzieren. Es ist ein Zusatzangebot.“
Idee ist nicht neu
Es ist ein Angebot, das im Ministerium schon länger herumgeistert. Bereits 2012 haben sich Experten darüber beraten. Als es an die Umsetzung ging, schlief das Projekt wieder ein. Bei den Verhandlungen zum Finanzausgleich vergangenes Jahr flammte das Thema erneut auf, als das Sozialministerium die Alltagshilfe in den Pflegefonds aufnehmen wollte. Dies sei am Widerstand des Finanzministeriums gescheitert, heißt es aus Verhandlerkreisen. Nun also der nächste Versuch, diesmal über die Aktion 20.000.
Und auch diese Aktion ist noch nicht beschlossen. Dennoch ist das AMS bereits mitten in der Vorbereitung, wie AMS-Chef Bereuter schildert: „Derzeit fehlt zwar noch die gesetzliche Grundlage, aber wir planen so, dass wir sofort starten können.“ Ab 1. Jänner 2018 soll die Aktion 20.000 auf ganz Vorarlberg ausgeweitet werden. Minister Stöger blieb auch am Donnerstag optimistisch. Er sei sich sicher, dass die Aktion in den kommenden Wochen beschlossen werde: „Weil eine Maßnahme, deren Zeit reif ist, niemand verhindern kann.“
Grob beurteilt halte ich das Konzept für eine gute Geschichte.
Christian Bernhard
Stichwort. ,,Selbstständig Leben Daheim“
Das Projekt „Selbstständig Leben Daheim“ ist Teil der Aktion 20.000 und soll bis zu 2000 Langzeitarbeitslose über 50 als Alltagshelfer vermitteln. Die Helfer sind zwischen vier bis zehn Stunden am Tag anwesend. Sie helfen im Alltag, zum Beispiel beim Kochen oder bei Arztbesuchen. Lohn und Lohnnebenkosten bezahlt das AMS. Die Betreuten müssen zwischen 40 und 60 Euro pro Tag bezahlen, je nach Stundenanzahl. „Uns war wichtig, dass die Betreuung leistbar ist“, erklärt ein Sprecher des Ministeriums. Zunächst erhalten die Alltagshelfer eine fünfwöchige Basisausbildung, während der aktiven Zeit werden sie nach spätestens acht Monaten zu Heimhelfern ausgebildet, damit sie in den Arbeitsmarkt wechseln können.