Wenn die Schulzeit mit einem Festmenü endet

Prüfungsstress und Gaumenfreuden. Das gibt’s derzeit an der HLW Marienberg.
Bregenz. „Ich war schon nervös. Aber nur ganz am Anfang. Jetzt nicht mehr.“ Barbara (16) aus Eichenberg, im hübschen Dirndl gekleidet, hat schon längst ein befreiendes Lächeln aufgesetzt, als sie Spargeltörtchen mit Tomatenvinaigrette serviert. Die vier geladenen Gäste am festlich geschmückten Tisch wissen Barbaras Servierkunst und vor allem das, was sie serviert, zu schätzen. Es ist Prüfungsessenszeit an der HLW Marienberg. Vier Schülerinnen der Fachschule sind gerade dran, deliziöse Menüs vorzubereiten, zu kochen und professionell zur vorgegebenen Zeit aufzutischen. Sehr zur Freude jener, die in den Genuss der köstlichen Speisen kommen.
Spargeltörtchen
Nathalie, Esmeralda, Selina und Barbara geben ihr Bestes. Während Selina und Barbara im Service die beiden Tische mit je vier Personen bedienen, schuften Nathalie und Esmeralda in der Küche. Bei Teil zwei der praktischen Abschlussprüfung im Bereich Hauswirtschaft werden die Rollen getauscht. Dann sind Barbara und Selina an den Kochtöpfen, während Nathalie und Esmeralda servieren.
Barbara hat ihren Tisch gut im Auge. Sofort entdeckt sie ein leeres Glas, fragt höflich, ob sie nachschenken darf. Nach den Spargeltörtchen bringt sie den Hauptgang: italienische Kalbsröllchen mit Kartoffelpüree und Brokkoligemüse. Dazu wird ein österreichischer Chardonnay Jahrgang 2016 mit 13 Prozent Alkoholgehalt kredenzt. Die Gäste, der Marienberg-Landwirt mit seiner Gehilfin, eine 85-jährige Ex-Marienbergerin und der VN-Redakteur, sind von Menüqualität und Betreuung angetan. Für sie haben sich Barbara und ihre Kolleginnen schon längst ein dickes Sehr gut verdient.
Damals und heute
„Mein Gott, war das zu unserer Zeit noch etwas anders“, erinnert sich Gerda Müller, die ehemalige Marienberger Schülerin mit Blick aufs üppige Festmenü. Sie zeigt den Tischnachbarn ihre Kochbücher von anno dazumal und erinnert sich dabei an ihr Prüfungsessen. „Vor 68 Jahren war das. Bei uns hieß es nach dem Krieg auf den Rezepten noch oft: Wenn wir es hätten, würde jetzt dies oder jenes dazugehören. Aber weil es das nicht gab, mussten wir improvisieren.“
Barbara eilt indes mit einer Platte Beilagen-Nachschlag zu ihren Gästen. „Darf’s noch ein bisschen Püree oder Brokkoli sein?“, fragt sie freundlich. Die köstliche Mahlzeit hat am Tisch schon längst Geselligkeit entfacht. Der Landwirt erzählt angeregt von seiner Arbeit und den Produkten, die er anbaut, Lehrerin Annelore Manser gibt Informationen über die Tischgestaltung. Barbara verrät auf Nachfrage, dass sie nach der Schule nicht ins Gastgewerbe will. „Ich weiß noch nicht, was ich nun tun werde.“ Beunruhigt scheint sie deswegen jedoch nicht.
Gut geklappt
Bevor sie irgendetwas anderes macht, serviert sie zum Abschluss den bestens gelaunten Gästen noch das Dessert: ein Topfenpalatschinken-Soufflé. Der genussvolle Abschluss einer grandiosen Gesamtkomposition.
In der Küche sind die anderen Prüflinge und ihre Helferinnen auch schon beim angenehmen Teil angekommen. Sie verzehren mit großem Appetit die Reste ihres Menüs. Die für das gelungene Werk zuständige Hauswirtschaftslehrerin Andrea Moll kann die Zufriedenheit ihrer Schützlinge teilen. „Es hat wirklich alles hervorragend geklappt. Ich kann eines bereits sagen: Durchgefallen ist hier niemand.“ Die Pädagogin ist im Stress. Sie muss nun zusehen, dass die Küche möglichst schnell gereinigt wird. Die nächsten Prüflinge stehen bereit. Um 14.40 Uhr geht es weiter. Dieses Mal wird Andrea Moll als Prüferin für den Servicebereich zuständig sein.
Nathalie und Esmeralda sind froh, dass sie ihre Zubereitungs-, Management- und Kochkünste letztlich mit durchschlagendem Erfolg demonstriert haben. „Nervös“, bilanziert Esmeralda, „war ich nur kurz bevor ich das Rezept erhielt. Du weißt ja vorher nicht, was du kochen musst.“ Nervös hätte sie eigentlich auch danach noch sein können. Denn: Sie musste etwas kochen, worauf sie am wenigsten vorbereitet war. „Etwas anderes wäre mir leichtergefallen.“ Sie kann sich beruhigen: Was sie gekocht hat, war hervorragend.


