Absage an Hängemattenmentalität

Zahl der Mindestsicherungsbezieher im Dowas rückläufig.
Bregenz Ein richtiges Schmuckstück ist es geworden, das Haus im Sandgrubenweg 4 in Bregenz, in dem seit gut eineinhalb Monaten das Dowas seine neue Bleibe hat. Die Frage, wie in der Ausgestaltung mit Armut umgehen, ließen die Verantwortlichen ihre Klienten selbst beantworten. Die drückten ihre Wünsche in Fotos aus und dokumentierten darauf die Sehnsucht nach einem normalen Leben. So stellt sich das Dowas auch dar: helle Räume, warme Farben, gediegenes Mobiliar. „Die Menschen, die zu uns kommen, sollen sich wohl und willkommen fühlen“, sagte Dowas-Vorsitzender Peter Niedermair anlässlich der gestern, Freitag, erfolgten offiziellen Eröffnung.
Abwärtstrend
Auch Geschäftsführer Michael Diettrich konnte in seinem Eineinhalb-Jahresbericht mit erfreulichen Daten aufwarten, zumindest was 2017 betrifft. Allerdings fokussierte er seine Ausführungen bewusst auf die betreuten Mindestsicherungsbezieher, denen bekanntlich immer wieder einmal ein Drang in die soziale Hängematte unterstellt wird. Schrieb das Dowas bei diesen Klienten 2016 noch Rekordzahlen, setzte heuer ein Abwärtstrend ein, der im ersten Halbjahr bei sechs Prozent lag. Bei österreichischen Staatsbürgern betrug der Rückgang sogar zwölf Prozent. Diettrich brachte diese Entwicklung vor allem in Zusammenhang mit der boomenden Wirtschaft: „Es gibt mehr Beschäftigung, einen Zuwachs an Vollzeitstellen, und das Arbeitsvolumen in der Warenproduktion sowie im Baugewerbe stieg deutlich an“, untermauerte er seine Hypothese. Gerade diese Branchen hätten einen enormen Bedarf an Hilfsarbeitskräften.
Mangelhafte Wirtschaftspolitik
Demzufolge ist aus seiner Sicht nicht die Hängemattenmentalität für die Explosion bei den Sozialausgaben, speziell der Mindestsicherung, verantwortlich, sondern, wie Diettrich anmerkte, eine mangelhafte Wirtschaftspolitik. Viel zu früh sei 2011 auf Sparkurs umgeschaltet worden. Die Kürzung der Mindestsicherung müsse daher als völlig verfehlt bezeichnet werden. „In jedem Fall wird man sehr genau prüfen müssen, ob die Entspannung bei den Mindestsicherungsausgaben tatsächlich etwas mit dem neuen Mindestsicherungsgesetz zu tun hat oder ob sie auch ohne diese überflüssige Belastung für die Betroffenen eingetreten wäre“, meinte der Dowas-Geschäftsführer.
Nach dem Bezug des neuen Hauses, das um gut 600.000 Euro renoviert wurde, plant der Verein Dowas schon das nächste Projekt. Ein Objekt in Lauterach, in dem derzeit eine Wohngemeinschaft untergebracht ist, wird ab Jänner um- und ausgebaut. Weil das Land keine stationären Einrichtungen mehr will, sollen zehn Wohneinheiten für Obdachlose entstehen. Roswitha Steger, die Initiatorin des Dowas, freute sich ob der positiven Entwicklungen: „Wir stehen heute wirklich gut da.“ VN-MM
„Die Kürzung der Mindestsicherung war eine verfehlte Maßnahme.“
Dowas: Fakten 2016/17
Betreute Klienten gesamt 1424 (+20,4 Prozent gegenüber 2015)
über Mindestsicherung 1226 (+20,6 Prozent gegenüber 2015)
Mindestsicherungsklienten 1. Halbjahr 2017 734 (-5,8 Prozent gegenüber 2016)
Klienten Notschlafstelle 2016 272
Übernachtungen 2016 3058
Klienten Notschlafstelle 1. Halbjahr 2017 151
Übernachtungen 1. Halbjahr 2017 1412
Treffpunkt 2016 9348 Besuche