Wann wurden die Vorarlberger Christen ?

Erste klösterliche Gemeinschaft im späteren 9. Jahrhundert.
Bregenz Die Christianisierung der Landschaften südlich des Bodensees war ein langwieriger Prozess, der zumindest bis weit ins Mittelalter andauerte.
Für die Existenz antiken Christentums auf Vorarlberger Boden gibt es bislang keinen sicheren archäologischen Beweis. Funde aus Graubünden zeigen, dass es dort von etwa 400 an allmählich Fuß fasste und organisatorische Strukturen entwickelte. Die erste Nennung eines Churer Bischofs fällt in das Jahr 451. Das älteste bislang in Vorarlberg erschlossene Gotteshaus, die erste Vorgängerin der Nenzinger Pfarrkirche, könnte noch dem späten 5. Jahrhundert angehören. Solche Gotteshäuser waren erste Brennpunkte christlichen Lebens. Die Bestattungsart und die Beigaben im Bregenzer Gräberfeld deuten ebenfalls auf eine um diese Zeit teilweise christianisierte romanische Bevölkerung.
Die Alemannen waren hingegen noch um die Mitte des 6. Jahrhunderts fast durchwegs „Heiden“. Jene von ihnen, die südlich des Hochrheins und des Bodensees siedelten, trafen dort mancherorts auf romanische Christengemeinden in spätantiker Tradition. Diese Kontakte führten freilich nicht zwangsläufig zur Christianisierung. Als der irische Missionar Kolumban und seine Begleiter 610/11 nach Bregenz kamen, fanden sie sowohl Alemannen vor, die dem Wotanskult anhingen, wie auch romanische Christen, die jedoch ganz oder teilweise zur Ausübung „heidnischer“ Kulte zurückgekehrt waren. Etwa zur selben Zeit entstand das Bistum Konstanz, das im Alpenrheintal bei Hohenems an den Sprengel des Churer Bischofs grenzte.
Späteres 9. Jahrhundert
Als Kolumban 612 nach Italien weiterzog, sei, wie es heißt, sein Gefährte Gallus zurückgeblieben und habe sich im Steinachtal als Einsiedler niedergelassen. 100 Jahre später entstand dort das Kloster St. Gallen. Als weitere Benediktinerklöster folgten Reichenau auf der gleichnamigen Bodenseeinsel sowie Pfäfers (oberhalb von Bad Ragaz, Kanton St. Gallen) und als erste Frauenklöster die Kanonissenstifte Schänis (Kanton St. Gallen) und Lindau. Diese geistlichen Gemeinschaften sowie Chur und Konstanz als Bischofssitze bildeten die Zentren, an denen sich ein weites Umfeld in geistlicher Hinsicht orientierte.
Eine erste klösterliche Gemeinschaft auf Vorarlberger Boden findet sich im späteren 9. Jahrhundert. Am Viktorsberg oberhalb von Rankweil lebten der Ire Eusebius sowie ein kleiner Mönchskonvent, der sich um ihn zusammengefunden hatte. Das Klösterchen verschwand allerdings nach kurzer Zeit. Bis zur Schaffung eines langlebigen Klosters vergingen weitere zwei Jahrhunderte. Bald nach 1080 ließen sich in Andelsbuch im Bregenzerwald Benediktiner aus dem Kloster Petershausen (Konstanz) nieder, die aber wenige Jahre später an das Bodenseeufer bei Bregenz übersiedelten und dort die später »Mehrerau« genannte Abtei gründeten.
Von einem verinnerlichten Christentum konnte freilich noch lange nicht die Rede sein. Im Jahr 1120 wurde der Priester Merbodt, der offenkundig als Missionar in Alberschwende wirkte, von den Dorfbewohnern erschlagen.

„Vorarlberg kompakt“,
Universitätsverlag Wagner,
288 Seiten, 29,90 Euro