Kurzer Wahlkartenprozess

Einige Zeugen müssen doch nicht bei Prozess um Bludenzer Wahlwiederholung erscheinen.
Feldkirch Lange Untersuchung, kurzer Prozess. Am 29. März 2015 musste in Bludenz eine Stichwahl entscheiden, wer Bürgermeister wird: Amtsinhaber Mandi Katzenmayer (ÖVP) oder Mario Leiter (SPÖ). Die Geschichte ist bekannt: Nach Ungereimtheiten bei den Wahlkarten hob der Verfassungsgerichtshof die Wahl auf. Am 20. Dezember ging erneut Katzenmayer als Sieger hervor. Politisch war die Frage geklärt, rechtlich waren viele offen. Nach monatelangen Ermittlungen begann am Montag das letzte Kapitel. Vier Angeklagte müssen sich am Landesgericht Feldkirch verantworten: Die Wahlleiterin der Stadt, der ehemalige ÖVP-Bezirksgeschäftsführer und zwei ÖVP-Wahlhelfer. Die Verhandlung ist schneller vorbei als geplant. Und zwar, weil es in der Sache kaum Differenzen gibt, sehr wohl aber in deren Bewertung. Schon heute, Dienstag, sollen die Urteile fallen.
Die Sache: Der ÖVP-Bezirksgeschäftsführer hatte mit der Wahlleiterin der Stadt ausgemacht, dass er per Mail Wahlkarten für Dritte bestellen durfte. Der Beamtin wird nun vorgeworfen, 195 Wahlkarten ohne Vollmacht ausgestellt zu haben, 81 davon an besagten Geschäftsführer, weitere etwa an Sozialinstitutionen. Die Staatsanwaltschaft wittert Amtsmissbrauch. Der ehemalige ÖVP-Geschäftsführer muss sich wegen 81-maliger Anstiftung zum Amtsmissbrauch verantworten. Beide bestätigten die Vorgangsweise, bekannten sich aber „nicht schuldig“. Sie hätten nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.
Staatsanwältin Gertraud Pfeifenberger war im Eröffnungsplädoyer allerdings überzeugt: „So wurden Wahlkarten zur inflationären Massenware. Da sind haarsträubende Fälle dabei.“ Wären die Betroffenen nicht zur Wahl gegangen, wäre gar nicht aufgefallen, dass jemand anderer die Wahlkarten hat.
Auch die anderen Angeklagten bekannten sich „nicht schuldig“. Ein Wahlhelfer steht wegen einer Wahlkarte vor Gericht; allerdings einer folgenschweren. Schließlich war es dieser Fall, der den Anfechtungsstein ins Rollen brachte: Frau L. wollte sich eine Wahlkarte besorgen, bekam aber die Auskunft, dass bereits eine Karte beantragt worden sei. In ihrem Zorn sei sie postwendend zu Mario Leiter gegangen, schilderte sie. Anschließend an die Medien. Während der Angeklagte beteuerte, die Mutter von Frau L. habe diese Wahlkarte beantragt, widersprach diese. Es existiert auch eine eidesstattliche Erklärung, allerdings konnte sich die Mutter nicht mehr erinnern, wo sie diese unterzeichnet habe. Die vierte Angeklagte hatte drei Wahlkarten für eine Frau, deren Sohn und Mann bestellt. Auch da standen die Bestellung und die eidesstattliche Erklärung im Fokus der Befragung.
Die Verteidiger Bertram Grass, Peter Mennel, Bernd Widerin und Andreas Brandtner stellten die Vorfälle nicht infrage; die Vorwürfe allerdings schon. Bei Amtsmissbrauch müsse ein vorsätzliches Verhalten die Bürger schädigen. Weder Vorsatz noch Schädigung seien hier festzustellen. Und ohne Missbrauch gebe es auch keine Anstiftung dazu.
Die Justiz hat offenbar schon fast genug gehört. Bürgermeister Katzenmayer und ÖVP-Stadtparteichef Christoph Thoma müssen nicht mehr aussagen. Damit beginnt heute um 8.30 Uhr der zweite und letzte Prozesstag.
„So wurden Wahlkarten zur inflationären Massenware.“