Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Schikanen

Vorarlberg / 04.01.2018 • 20:07 Uhr

Innenminister Kickl will die Autofahrer „von Schikanen entlasten“. Applaus wird ihm gewiss sein. Schließlich ist es fast jedem Lenker schon passiert, dass er wegen Übertretung von Geschwindigkeitsbeschränkungen bestraft wurde, obwohl es nach seinem Empfinden keinen Anlass für ein Tempolimit gibt oder wo es sogar fahrtechnisch schwierig ist, die geforderte Höchstgeschwindigkeit einzuhalten. Womöglich ist der Autofahrer noch dazu von einem Polizeiorgan angehalten worden und die nachfolgende Fahrzeugkontrolle hat den einen oder anderen Mangel zutage gefördert, sodass die Verwaltungsstrafe zu einem hübschen Sümmchen angewachsen ist.

Das Problem: Der Innenminister ist nur zu einem geringen Teil überhaupt zuständig. Auf welchen Straßenzügen welche Geschwindigkeitsbeschränkungen gelten, entscheidet nicht er, sondern die Bezirkshauptmannschaft oder die Gemeinde. Auf Autobahnen ist es in aller Regel die Landesregierung. Einfluss auf diese Entscheidungen hat der Innenminister nicht. Die Behörden entscheiden auch, an welcher Stelle ein fix installiertes Radarmessgerät aufgestellt wird. 

Der Innenminister ist ausschließlich für den Polizeiapparat zuständig. Laut Gesetz hat die Polizei die Behörden bei der Verkehrsüberwachung zu unterstützen. Wenn der Innenminister seine Beamten anweisen will, keine „Schikanen-Kontrollen“ durchzuführen, fragt man sich, ob er sie auffordern will, ihrem gesetzlichen Auftrag nicht mehr nachzukommen. Wenn sich die Polizei, wie es in einer Aussendung des Innenministeriums heißt, auf Kontrollen bei Kindergärten und Schulen sowie bei gefährlichen Stellen konzentrieren will, fragt man sich, wo sie sich bisher aufgehalten hat. Sollen auf Wohnstraßen keine Kontrollen erfolgen? Oder braucht es bei den ersten Häusern in Ortseinfahrten auch keine Kontrollen?

Im Übrigen hat man den Eindruck, dass dem Innenminister die Großzügigkeit gegenüber den Autofahrern finanziell deshalb leicht fällt, weil die Einnahmen zu 80 Prozent den Ländern und Gemeinden zufließen. Das sind in jedem Bundesland viele Millionen Euro pro Jahr.

Manche Geschwindigkeitsbeschränkungen mögen wirklich schikanös sein. Dann sollen sie aber von den zuständigen Behörden aufgehoben und nicht auf die feine österreichische Art einfach nicht mehr kontrolliert werden. Wenn die Behörden säumig sind, ist es Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, sinnlose – weil nicht notwendige – Beschränkungen aufzuheben. Es ist nicht Sache der Polizei und des Innenministers, an seine Stelle zu treten.

„Das Problem: Der ­Innenminister ist nur zu einem geringen Teil überhaupt zu­ständig. “

Peter Bussjäger

peter.bussjaeger@vn.at

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.