Wenn die Mutter mit dem Sohne

Vorarlberg / 10.01.2018 • 21:07 Uhr
Sohn Robert überlässt seiner Mutter Ingeborg die erste Reihe. Die 82-Jährige steigt aktiv ins Berufsleben ein. VN/Paulitsch
Sohn Robert überlässt seiner Mutter Ingeborg die erste Reihe. Die 82-Jährige steigt aktiv ins Berufsleben ein. VN/Paulitsch

Die 82-jährige Ingeborg Entringer übernimmt das Geschäft ihres Sohnes, der in Pension ging.

Lustenau Von Entringer zu Entringer: Dass ein kleines Familienunternehmen von einer Generation an die nächste übergeben wird, entspricht einer allgemein nachvollziehbaren Logik. Die Eltern übergeben an die Kinder. Bei Ingeborg und Robert Entringer verhält sich das freilich anders. Dort ging der Sohn mit Ende des Jahres in Pension. Sein Nachfolger als Geschäftsinhaber ist allerdings nicht eines seiner zwei Kinder, sondern die Mutter. Ingeborg, 82, tritt den Abschied vom Ruhestand an, während Robert, 62, sich in eben jenen verfügt.

Zuerst nur Helferin

„Bischt a närsch Hänn“, habe ihr unlängst ein Ober gesagt, schmunzelt die rüstige Dame. Dabei ist das, was für Außenstehende kurios erscheint, für Ingeborg Entringer die selbstverständlichste Sache der Welt. „Ich habe meinem Sohn schon vorher im Geschäft oft geholfen. Jetzt, wo er in Pension ging, wäre mir langweilig geworden. Also beschloss ich, das Geschäft zu übernehmen.“ Den Sohn überrascht dieser Schritt nicht. „Mama macht das gerne. Und da wir keinen geeigneten Nachfolger fanden, übernimmt nun sie.“

Eingespieltes Team

Das Fotogeschäft Nipp, einer der ältesten Kleinhandelsbetriebe in Lustenau, ist für Ingeborg freilich weit mehr als nur ein Geschäft. Es ist Herzblut und Lebenssinn. „Mein Vater gründete den Betrieb im Jahre 1920. Ich habe 1949 begonnen, ihm zu helfen. Als Ingeborgs Mann, Robert Entringer, 1979 verstarb, trat Sohn Robert dessen Nachfolge an. Der hatte sich seine Sporen zuvor als Fotografenmeister in Wien und Liechtenstein verdient und ging mit vollem Tatendrang ans Werk.

Mutters Respekt ist Robert gewiss. „Er hat Großartiges geleistet. Vor Jahren, als es die heutige Bearbeitungstechnik noch nicht gab, war handwerkliches Können gefragt. Da konnte Robert zeigen, was er kann.“ Der Neo-Pensionist hört sich das Lob der Mutter genüsslich an. Er gibt die Wertschätzung zurück. „Meine Mutter war immer zur Stelle, wenn es im Geschäft eng wurde und ich Hilfe brauchte. Sie hat mich auch vertreten, wenn ich mal freinehmen wollte.“

Gesellin

Robert und seine Mutter Ingeborg waren viele Jahre lang ein eingespieltes Team. „Wir konnten uns total aufeinander verlassen und haben immer perfekt miteinander harmoniert“, sagt die umtriebige Neo-Geschäftsführerin unter zustimmendem Nicken ihres Sohnes. Gerne erinnert sie sich aber auch an die Zeiten zurück, als Foto Nipp noch mehr Beschäftigte hatte. „In der Blüte des Geschäfts hatten wir sieben Angestellte“, betont Ingeborg Entringer.

Während sich Robert nun auf viel Zeit für seine Hobbys Segeln, Skifahren und Jagen freut, ist seine Mutter nicht weniger frohgemut. Für sie, die als Fotografin immerhin die Gesellenprüfung absolviert hat, ist der offizielle Berufseintritt mit der Ausübung ihres liebsten Hobbys gleichzusetzen. „Ich werde mich auf unser Kerngeschäft konzentrieren und vor allem Passfotos und Porträts machen“, kündigt Ingeborg Entringer an.

Wenn es nur irgendwie geht, will die rüstige Ex-Pensionistin zumindest bis 2020 das Geschäft weiterführen. „Ich möchte auf alle Fälle den 100. Geburtstag unseres Familienunternehmens feiern“, freut sich Entringer schon jetzt.