Eine Frage des Ziels

Die Umweltministerin lobt das Wirtschaftsstaatsziel, das laut Bußjäger nichts bringt.
Bregenz Ökologie und Ökonomie sind sich in der Schreibweise ähnlich, in der Bedeutung widersprechen sie sich oft. Diesen Interessenskonflikt muss auf Bundesebene vor allem eine Person auflösen. ÖVP-Politikerin Elisabeth Köstinger ist nicht nur Ministerin für Tourismus und Energie, sondern auch für Landwirtschaft und Umwelt. Am Donnerstag war Köstinger in Vorarlberg zu Gast, sprach mit Touristikern, Wirtschaftstreibenden und Landwirten und verteidigte als Umweltministerin das geplante Staatsziel Wirtschaftsstandort in der Bundesverfassung. Nicht nur Umweltverbände kritisieren dieses Vorgehen. Verfassungs- und Verwaltungsjurist Peter Bußjäger hält vom Staatsziel überhaupt nichts.
Staatsziele sind in Österreich nicht selten. In der Landesverfassung wurde 1984 etwa “Ehe und Familie” festgeschrieben, in der Bundesverfassung bekennt sich der Staat zum Umwelt- und Klimaschutz. Nur manchmal wirkt sich das aus. Das Bundesverwaltungsgericht kippte im Vorjahr die dritte Flughafenpiste in Wien und begründete dies mit dem Staatsziel zum Klimaschutz, worauf die damalige Bundesregierung ein Wirtschaftsstandort-Staatsziel einführen wollte. Bisher ist das nicht geschehen. Wie die VN berichteten, startet die neue Regierung einen weiteren Anlauf. Köstinger hat als Umweltministerin nichts dagegen, wie sie sagt: “Nur weil Verfahren kürzer werden, heißt es nicht, dass die Umwelt schlechtergestellt wird.” Mit weniger Bürokratie und kürzeren Verfahren begründet die schwarz-blaue Bundesregierung nämlich diesen Schritt. Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) ergänzt: “Die Verfahrensdauer zur Südumfahrung Feldkirch ist ein lebhaftes Beispiel für Umweltbürokratie.” Ob besagtes Staatsziel dieses Verfahren beschleunigt hätte, kann er allerdings nicht sagen.
Kaum Auswirkungen
Peter Bußjäger ist überzeugt: Das Ziel bringt nichts. Schließlich habe der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in seinem Folgeurteil zur dritten Piste die Umweltzielbestimmung nicht wirklich ernst genommen. “Der VfGH hat die Bestimmung weginterpretiert. Sie hat schon vorher nicht viel gebracht, nun allerdings erst recht nichts. Das ist reine Symbolpolitik, absolut unnötig und nutzlos, wenn es darum geht, Verfahren zu beschleunigen.” Umweltverbände befürchten zudem, dass nun die Wirtschaftsbelange in Verfahren stärker gewichtet werden. Bußjäger entgegnet: “Wirtschaftsfragen haben schon jetzt viel Gewicht. Mit dem Argument der Arbeitsplätze kann man eh alles niederprügeln. Außerdem wird das Staatsziel kaum jemand spüren.”
Eigentlicher Schwerpunkt bei Köstingers Besuch war aber der Tourismus. Sie lobte die eigene Regierungsentscheidung, die Mehrwertsteuer für Übernachtungen von 13 auf zehn Prozent zu senken, was vor allem Wirtschaftskammerpräsident Hans-Peter Metzler freute: “Das ist ja keine Senkung, sondern die Rücknahme einer Fehlinterpretation.” Landeshauptmann Wallner betonte zudem, wie wichtig die regionale Mangelberufsliste sei, fügt aber an: “Sie tritt am 1. Jänner 2019 in Kraft, das ist zu spät.” Auch Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser (ÖVP) hat einen Wunsch: “Man könnte die Stammsaisoniers wieder ausweiten. Auch im Tourismus fehlen Fachkräfte.” Köstinger möchte sich des Themas annehmen, sie kündigt einen Masterplan für den Tourismus an.
Umweltlandesrat Johannes Rauch (Grüne) war beim Treffen nicht dabei.
„Nur weil Verfahren kürzer werden, heißt es nicht, dass die Umwelt schlechtergestellt wird.“
