Widerstand gegen Kassenklau wird breiter

Betriebsräte der Sozialversicherungen schließen auch Arbeitskampf nicht aus.
Dornbirn Es braut sich ordentlich Widerstand zusammen. Jetzt ziehen nämlich auch die Betriebsräte der Sozialversicherungen gegen die von der Bundesregierung geplante Kassenzusammenlegung ins Feld. Sie vertreten rund 28.000 Beschäftigte sowie acht Millionen Versicherte. „Wir werden uns mit allen Mitteln gegen eine Zentralisierung zur Wehr setzen“, kündigte der oberste Personalvertreter, Michael Aichinger (54), im VN-Gespräch an.
Druck von der Zivilgesellschaft
Auch ein Arbeitskampf ist nicht ausgeschlossen. Als erster Schritt startet demnächst eine Kampagne, in der Mitarbeiter und Versicherte über die Konsequenzen des türkis-blauen Vorhabens informiert werden. „Wenn Druck von der Zivilgesellschaft kommt, kann auch eine Regierung nicht mehr wegschauen“, ist Aichinger überzeugt.
Dieser Tage weilte Michael Aichinger zwecks Austausch mit den Kollegen auf Arbeitsbesuch in Vorarlberg. Befürchtungen, die Bundesregierung könnte Ernst machen und das System gravierend umgestalten, werden durch einen sogenannten Vortrag an den Ministerrat genährt, der klare Worte zur Strukturreform der Sozialversicherungen enthält. „Der ist schon sehr eindeutig, der muss aus dem Umfeld eines Ministeriums kommen“, mutmaßt Aichinger.
Die Ankündigung der Gesundheitsministerin, die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) zu schließen, lässt ebenfalls die Alarmglocken schrillen. „Wenn sie das öffentlich kundtut, müssen wir das ernst nehmen.“ Schließlich gehe es um die Bedürfnisse der Versicherten, um Arbeitsplätze und nicht zuletzt um die regionale Wirtschaft, die eine Zentralisierung ebenfalls zu spüren bekomme, sollte sie umgesetzt werden, listet er die zentralen Punkte auf.
Fall von Entmündigung
Der Einsatz der Personalvertreter gilt vorrangig der Beibehaltung von Versichertennähe und Selbstbestimmung. „Bei einer Zentralisierung ist das Geld, das im Land erarbeitet wurde, weg“, sieht Michael Aichinger darin schlicht und ergreifend eine Entmündigung der Versicherten vor Ort. Als Nächstes könnte seiner Ansicht nach die Einverleibung der Gesundheitseinrichtungen in den Ländern drohen. „Dann hätten wir Entmündigung und Enteignung“, wettert er. Was die AUVA betrifft, merkt er an, dass mit ihrem Verlust der Versicherungsschutz sowohl für freiwillig tätige Organisationen wie für die Kindergartenkinder fallen würde. „Unverantwortlich“, fällt ihm dazu nur ein.
Er will auch nichts von einer Verschlankung der Verwaltungsstrukturen als Argument für eine Zusammenlegung hören. „Die Effizienz unserer Kassen ist klar dokumentiert“, zitiert er aus einer Untersuchung, die einen Aufwand von 2,3 Prozent erbrachte. „Das heißt, 97,7 Prozent der Beiträge fließen in Leistungen für Versicherte“, macht Aichinger eine einfache Rechnung auf. Die finanzielle Gleichschaltung von Leistungen sieht der oberste Personalvertreter ebenfalls kritisch. Eine gänzliche Gleichheit könne aufgrund der unterschiedlichen Bedürfnisse nicht das Ziel sein.
Sofortige Gespräche gefordert
Die Gewerkschafter gehen davon aus, dass die Bundesregierung die Landtagswahl in Salzburg am
24. April vorüberziehen lassen will, um danach Fakten zu schaffen. „So lange werden wir nicht warten“, garantiert Michael Aichinger. Er fordert deshalb sofortige Gespräche. „Wir sind nicht gegen Veränderungen, aber sie müssen Sinn machen.“ Eine Zerschlagung der Länderkassen fällt nicht in diese Kategorie. In Vorarlberg vertritt die GKK etwa 327.000 Versicherte.