“Dann sollen sie uns halt strafen”

Vorarlberg / 05.04.2019 • 20:49 Uhr
Köhlmeier ist überzeugt: „Bevor wir über regionale Wohnungsvergabe reden, muss man mehr regionales Wohnungsangebot schaffen.“ VN/Steurer
Köhlmeier ist überzeugt: „Bevor wir über regionale Wohnungsvergabe reden, muss man mehr regionales Wohnungsangebot schaffen.“ VN/Steurer

Köhlmeier denkt nicht daran, Asylwerbern nur 1,50 Euro für gemeinnützige Arbeit zu zahlen.

Hard Er kann sich über Mangel an Arbeit nicht beklagen; weder als Gemeindechef noch als Verbandspräsident der 96 Gemeinden. Harald Köhlmeier wird wegen eines großen Hafenprojekts von der Opposition kritisiert. Als Bürgermeister und Gemeindeverbandspräsident ist er zudem mit dem Thema leistbarer Wohnraum konfrontiert. Die Gemeinden sind bekanntlich für die Vergabe von sozialen Wohnungen zuständig. Geht es nach Köhlmeier, soll es so bleiben. Mit dem Innenminister hat er hingegen gar keine Freude.

 

Die Wohnungsvergabe in den Gemeinden sorgt derzeit für Diskussionen. Sind Sie mit dem aktuellen System zufrieden?

Köhlmeier Meines Erachtens funktioniert es gut. Ich sehe keine Alternative zur Vergabe in den Gemeinden. Wir sind näher an den Bürgern und kennen das soziale Umfeld. Eine landesweite zentrale Vergabestelle, wie von den Grünen gefordert, halte ich für ein kühnes Vorhaben.

 

Wird das Punktesystem ausreichend angewendet?

Köhlmeier Grundsätzlich schon, aber es gibt auch Nachholbedarf. Darum wurde es evaluiert. Das Punktesystem bringt Transparenz, die Dringlichkeit ist daraus alleine aber nicht ableitbar. Was macht man zum Beispiel mit bleibeberechtigten Flüchtlingen? Sie hätten nach dem Punktesystem keine Chance, weil sie noch nicht zehn Jahre hier leben. Die Gemeinde braucht Spielräume.

 

Sind die Punkte falsch gewichtet?

Köhlmeier Die Gewichtung muss man sich sicher anschauen. Eine Räumungsklage bringt auch relativ viele Punkte. Das ist bei dem ein oder anderen Wohnungswerber nicht unbemerkt geblieben.

 

Warum entfallen acht Prozent der Ansuchen und nur 1,2 Prozent der Vergaben auf die Arbeitsplatzgemeinde?

Köhlmeier Es gibt Städte und Gemeinden, die beim Bau von gemeinnützigen Wohnungen eine hohe Verantwortung tragen. Und dann gibt es Gemeinden, die null bis kaum solche Wohnungen anbieten, gleichzeitig aber große Firmen beheimaten. Das wird auf die Dauer nicht funktionieren. Bevor wir über regionale Wohnungsvergabe reden, muss man mehr regionales Wohnungsangebot schaffen. Wir haben in Hard 1000 gemeinnützige Wohnungen und 500 Wohnungswerber aus der Gemeinde auf der Warteliste. Wie sollen wir da noch den regionalen Bedarf abfangen?

 

Wie sollte man mit Gemeinden umgehen, die ihr Soll nicht erfüllen?

Köhlmeier Man sollte sie motivieren, Verantwortung zu übernehmen. Und zwar mit Anreizen. Ich bin dagegen, dass es immer gleich Sanktionen oder Strafen geben muss. Man muss Bewusstsein schaffen und für die Zukunft verbindliche Grundlagen erarbeiten. Sanktionen sind das letzte Mittel.

 

Der Gemeindeverband hat sich zum Vorschlag von Innenminister Herbert Kickl geäußert, wonach Asylwerber für gemeinnützige Arbeit höchstens 1,50 Euro pro Stunde bekommen dürfen. Warum?

Köhlmeier Ich glaube, ich spreche für alle Gemeinden, wenn ich sage, dass der Vorschlag völlig inakzeptabel ist. Wir werden uns derartigen Anweisungen nicht beugen. Von der ersten Minute an haben wir uns im Gemeindeverband auf unsere christlich-sozialen Werte besonnen und uns zur Humanität bekannt. Wir haben viel mit der Bevölkerung gesprochen, was Ängste und Knoten gelöst hat und zu großer Solidarität führte. Diese Vorschläge haben nur das Ziel, die Gesellschaft zu spalten. Das ist für uns schlicht und ergreifend inakzeptabel und eine Verhöhnung all derer, die sich in diesem Bereich bemühen.

 

Die Verordnung zur Höchstgrenze befindet sich in Begutachtung. Was tun Sie, wenn sie kommt?

Köhlmeier Wir werden uns dagegen wehren, in welcher Form auch immer. Und wir setzen es nicht um. Dann sollen sie uns halt strafen.

 

Wie geht es Ihnen als ÖVP-Mitglied, wenn Ihre Heimatpartei auf Bundesebene mit der FPÖ eines Innenministers Herbert Kickl koaliert?

Köhlmeier Ich habe nicht immer eine Freude damit. Wenn man die aktuellen Diskussionen wieder ansieht, ist beim Koalitionspartner noch viel zu tun, bis er sich tatsächlich das Prädikat Regierungspartei verdient. Ein Innenminister sollte eigentlich für Sicherheit und Ruhe im Land sorgen und nicht täglich mit neuen Ansätzen die Gesellschaft spalten.

Lesen Sie in der Langfassung auf VN.at, was Köhlmeier zu den Plänen im Binnenbecken sagt und welche erste Konsequenzen der Betrugsfall in der Gemeindeinformatik hat.