Hanno Loewy

Kommentar

Hanno Loewy

Panikattacken

Vorarlberg / 18.09.2019 • 18:32 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Auf allen Seiten wird nach letzten Mitteln gesucht. Das blaue Werben um türkis ist reif für eine Fortsetzung der Vorabendserie „Verbotene Liebe“. Den Wahlwerbespot mit Hofer und Kurz bei der Eheberatung haben inzwischen wohl alle gesehen. Dabei ist türkis längst in mancher Hinsicht blauer als blau.

Die ÖVP hingegen setzt auf „Fake News“ und Verschwörungstheorien, vor allem wenn es um ihre Parteifinanzierung geht. Die SPÖ ist auch nicht gerade transparent unterwegs. Und die Liste Pilz-Jetzt fordert die „Opposition“ nun gar zum demokratiepolitischen Supergau auf: Lasst uns doch einfach gemeinsam die Wahl von Kurz verbieten. Wer würde nicht gerne Gott spielen? Aber in der Demokratie ist das ein gefährlicher Traum. Es reicht mir schon, dass Herr Kurz den „Heiligen Sebastian“ spielt, und mit den Pfeilen protzt, mit denen man ihn angeblich ständig „anpatzt“. Ein todsicheres Erfolgsrezept.

Aber wenn man akzeptiert, dass Wahlen vor allem in Wahlen entschieden werden müssen, dann bleiben einem wohl vier Aussichten für den 30. September:

Nummer eins: Türkise Alleinregierung? Dann doch lieber Gott spielen. Oder beten.

Variante zwei: „Verbotene Liebe“, neue Staffel. Kurz und Hofer machen so weiter wie bisher. Für das inzestuöse Liebespaar zunächst mal bequem. Für die Öffentlichkeit bedeutet das: täglich Warten auf den nächsten „Einzelfall“ und das geduldige Ausharren bis zum nächsten Skandal, so ungefähr in ein, zwei Jahren. Danach freilich wäre die politische Karriere wirklich Kurz. Und genau das weiß er auch. Attraktivität deshalb etwas zweifelhaft.

Türkis-rot? Eigentlich unmöglich. Die gesamte türkise Erzählung beruht doch vor allem darauf, dass Sebastian unser Land endlich vom rot-schwarzen „Stillstand“ befreit habe. Und dann eine Koalition mit der SPÖ? Immerhin, das hätte für manche Schwarze einen unwiderlegbaren Charme. Die SPÖ würde diese Koalition nicht überleben. Und das ist für viele in der ÖVP ein lang gehegter Traum. Die Koalition würde das allerdings auch nicht überleben. Und was dann?

Bleibt die ungeliebteste aller Koalitionen. Der flotte Dreier, mit Grünen und Neos. Ungeliebt, weil nicht leicht auszurechnen. Aber nach zwei Jahren Fatalismus ist das zumindest nicht das Allerschlechteste. Eine Chance für Sebastian Kurz sich einmal mit Inhalten und nicht nur mit Marketing zu beschäftigen. Und vielleicht eine Chance für die SPÖ, mal wieder mit etwas anderem als mit Suizidversuchen aufzufallen.

„Die SPÖ würde diese Koalition nicht überleben. Und das ist für viele in der ÖVP ein lang gehegter Traum.“

Hanno Loewy

hanno.loewy@vn.at

Hanno Loewy ist Direktor des ­Jüdischen Museums in Hohenems.

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