Schlagabtausch um die Spitalsambulanzen

Ärztekammer wehrt sich gegen Öffnung für Untersuchungen aus dem niedergelassenen Bereich.
schwarzach Für ordentlich Diskussionsstoff sorgt der Vorschlag von ÖGK-Generalsekretär Bernhard Wurzer (45), Gesundheitsleistungen wie Vorsorgeuntersuchungen aus dem niedergelassenen Bereich in die Spitalsambulanzen zu verlagern. Die ÖGK würde sich dafür an den Kosten für zusätzlich notwendige Spitalsärzte beteiligen, stellte Wurzer als Gegenleistung in Aussicht. Vertreter der Ärztekammer laufen dagegen Sturm, Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (47) und der Direktor der Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG), Gerald Fleisch (53), halten die Idee für durchaus diskutabel. Allerdings sollten die Patienten nicht in die ohnehin schon überfüllten Ambulanzen gelotst, sondern in den Krankenhäusern vorgelagerten Einheiten behandelt werden. Fleisch sieht darin einen konstruktiven Beitrag zur Grundversorgung, Rüscher eine wirksame Umleitung von Patienten in den niedergelassenen Bereich.
Provokative Ansage
Seit Jahren schon ist die Ambulanzentlastung ein großes Thema. Nachhaltige Lösungen wurden bislang jedoch nicht aufgetan. Beinahe alle Krankenhäuser im Land stöhnen unter dem ständig steigenden Andrang von Patienten, vor allem solchen, die eigentlich nicht dorthin gehören. So verzeichnete allein das Landeskrankenhaus Feldkirch 2019 mehr als 186.800 Erst- bzw. Nachbehandlungen. Das entspricht einer Steigerung um fast vier Prozent. Die Ambulanzen noch weiter aufzublähen, macht für Burkhard Walla (53), Sprecher der niedergelassenen Ärzte und Vizepräsident der Vorarlberger Ärztekammer, schon allein deshalb keinen Sinn. Er spricht von einer insgesamt provokanten Ansage der ÖGK. „Es ist mir unverständlich, wie die ÖGK ihre Vertragspartner in aller Öffentlichkeit derart vor den Kopf stoßen kann“, ärgert sich Walla. Was im niedergelassenen Bereich gemacht werden könne, solle dort verbleiben, betont er. Seine Vermutung: “Es geht darum, zu groß konzipierte Krankenhäuser im Osten zu beleben.”
KHBG-Direktor Gerald Fleisch entnimmt der Grundaussage des ÖGK-Generals zumindest einen wahren Kern. In den Ambulanzen möchte er zwar auch nicht mehr Patienten, es sei aber durchaus überlegenswert, in Spitalsnähe extramurale Strukturen aufzubauen. Das würde für Patienten und Krankenhäuser Vorteile bringen. „Die Patienten hätten bessere Öffnungszeiten, für die Spitalsärzte ergäben sich Ausbildungsmöglichkeiten, und man könnte sich mit begleitenden Therapien aushelfen“, zählt Fleisch mögliche Synergieeffekte auf. Er sieht die Krankenhausbereiche als gute Standorte, weil sie Entwicklungspotenzial haben.
Für Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher ist klar: “Es braucht eine gute Zusammenarbeit zwischen stationärer und niedergelassener Patientenversorgung.” Die Modelle dafür müssten in gemeinsamer Abstimmung mit allen Systempartnern erarbeitet werden. Rüscher berichtet von einem Treffen mit Bernhard Wurzer, der auf gute Ideen und Vorschläge aus den Ländern warte. “Wenn die ÖGK bei der Umsetzung mitzahlt, umso besser”, merkt sie an. Was neue Konzepte betrifft, könnte sie sich vorstellen, dass Ärzte sowohl einen Kassenvertrag als auch eine Nebenbeschäftigungsbewilligung für das Krankenhaus erhalten.