Auferstehen aus der Angst

Vorarlberg / 10.04.2020 • 17:00 Uhr
Auferstehen aus der Angst
TM

Das Osterfest 2020 hat mit dem Anlass vor 2000 Jahren viel gemeinsam.

Hard „Frühmorgens“ und „in der Morgendämmerung“ – so beginnen die Evangelisten ihre Erzählung von der Auferstehung Christi. Sie geschieht nicht pompös. Die Autoren berichten weder von Trompetenschall noch Trommelwirbel. Stattdessen stehen ein paar verhuschte Frauen am Grab und finden den Leichnam nicht

Sonntagfrüh um fünf Uhr, wenn in Hard am See normalerweise höchstens ein paar Fischer ihre Gondeln bereit machen, tritt Erich Baldauf an den Altar von St. Sebastian. Noch ist das Haus dunkel. Das ändert sich nur zögerlich. In allen Kirchen des Landes werden in der Osternacht Priester und Lektoren alleine die Osterkerze anzünden, weil ja die Menschen in Österreich seit vier Wochen nicht mehr ausgehen sollen. Sie meiden die Öffentlichkeit. Um andere nicht in Gefahr zu bringen und wohl auch aus Angst ums eigene Leben

Wie vor 2000 Jahren

Darin ähnelt das Osterfest 2020 dem biblischen Original. „Auch die Jünger haben sich damals eingesperrt im Abendmahlsaal aus lauter Angst. Sie haben sich nicht getraut rauszugehen, sich quasi selber unter Quarantäne gesetzt.“ Der Innsbrucker Theologe Jozef Niewiadomski spannt den Bogen noch weiter. Der Auferstandene fand seine Jünger verzagt hinter verschlossenen Türen. Mehr noch: Seine Anhänger hätten selbst nach diesem Erlebnis noch wochenlang – bis zum Pfingstfest 50 Tage später – die Selbstisolation nicht verlassen.

Erich Baldauf: „Auch die Jünger Jesu haben sich quasi selber unter Quarantäne gesetzt.“<span class="copyright"> Lisa Mathis</span>
Erich Baldauf: „Auch die Jünger Jesu haben sich quasi selber unter Quarantäne gesetzt.“ Lisa Mathis

Schwierige Zeiten sind das. Der Harder Pfarrer hat eben einen Schwager verabschieden müssen, „der ist vergangene Woche verstorben“. Begräbnisse unter diesen Umständen belasten alle. „Man hat die Teilnahme an Beerdigungen bisher so selbstverständlich genommen. Jetzt findet das im allerengsten Kreis statt.“ Unter dem Gebot der Distanz zählt jedes Wort, jede Geste doppelt.

Mut aus der Überlieferung

Wie wohl die ersten Anhänger des Gekreuzigten vor 2000 Jahren die Wochen in ihrem engen Versteck zugebracht haben? Eine Schicksalsgemeinschaft, ängstlich aneinandergekauert? Lagen irgendwann die Nerven blank? Wie haben sie sich Mut gemacht? Wohl mit den alten Geschichten des Volkes Israel, die bis heute erzählt werden. Etwa mit dem Auszug der Israeliten aus Ägypten, mit den starken Bildern vom Meer, das die Israeliten passieren lässt, dann aber über dem Heer des Pharao zusammenschlägt und Ross und Reiter ersäuft. „Da gibt es jemanden, der will, dass wir in ein gelobtes Land kommen.“ Auch wenn das im Augenblick nicht so aussieht. Das liest Erich Baldauf aus dem Text heraus.

Jeder kennt diese Geschichte, irgendwie. Gut könnten Familien am Abend zusammentragen, woran sich jeder erinnert. Oder sie lesen die Geschichte von der Errettung Israels aus der ägyptischen Gefangenschaft gemeinsam vor. Das kann eine kleine österliche Feier füllen. Das, und sich vielleicht der heilsamen Qualitäten bewusst werden, die Corona auch mit sich bringt: „Das Miteinander von Regierung, Sozialpartnern, Medien und Wissenschaftlern“, die Art und Weise, wie viele sich bemüht haben um die Einhaltung der schwierigen Begrenzungen, das alles macht einen dankbar. Dieses Miteinander allein macht möglich, was alle ersehnen und wovon Ostern beredt Zeugnis ablegt: die Auferstehung.