75 Jahre Kriegsende: Als Bregenz und Götzis brannten

Am 28. April entschied sich die Wehrmacht, Vorarlberg zu verteidigen. Am 5. Mai war das Ländle in französischer Hand.
Am Morgen des 2. Mai 1945 setzten die Franzosen bei Kennelbach über die Bregenzerach und eroberten das Rheintaler Unterland, wo sie nur bei Hohenems auf Widerstand stießen. Erst bei Götzis stießen sie wieder auf eingegrabene Wehrmacht und SS. Hinter ihnen lag mit Bregenz ein Trümmerfeld: 70 Gebäude sind durch Artillerie zerstört, 700 Personen obdachlos, 17 Zivilisten verloren ihr Leben, davon 12 durch den Beschuss des Wälderbähnle am 29. April.
Eine Woche zuvor sah es aus, als ob Vorarlberg glimpflich davon käme. Weder Standschützen noch die Heimatgarnisonen, überwiegend Rekruten, waren erpicht auf den Kampf, die Kreisleitung verzweifelte am fehlenden Kampfeswillen und den mangelnden Vorbereitungen, für die eh die Baumaterialien fehlten. Bregenz und Feldkirch galten bereits als Freie Städte, die nicht verteidigt werden. Am 28. April änderte sich dann alles: Vorarlberg wurde von der Heeresgruppe Süd an die Heeresgruppe West überstellt, die vorarlbergstämmigen Offiziere mussten das Kommando an die XXIV Armee abtreten. Deren Wehrmacht- und SS-Verbände sammelten sich die letzten Tage im Ländle. Freie Städte gab es nun nicht mehr, es soll gekämpft werden. Vor allem von der SS erwartete man schweren Widerstand.
Denn Verteidigern, vor allem Standschützen und Soldaten der Division 405 und SS der XXIV Armee standen eine Panzerdivision und die 1. Marokkanische Gebirgsjägerdivision der Première Armée Française gegenüber. Diese rechnete aufgrund des Status als freie Stadt nicht mit der Verteidigung an der Klause – laut Georg Schellings “Festung Vorarlberg” ein Hauptgrund für das folgende Bombardement am 1. Mai. Um vier Uhr früh begann der Beschuss, Kirchen und Lazarette seien bewusst geschont worden. Um 13:30 Uhr war die Stadt in französischer Hand.

Die Franzosen rechneten aufgrund der Propagandalüge der “Alpenfestung” mit massivsten Widerstand und gingen kein Risiko ein. Dies musste in der Nacht auf den 3. Mai auch Götzis büßen: Hier starben durch den Artilleriebeschuss fünf Personen, 11 Gebäude wurden zerstört, 200 beschädigt. Erst im Klostertal trafen die Franzosen daraufhin wieder auf erbitterten Widerstand, innerhalb einer Woche war Vorarlberg in französicher Hand.
Dies gelang auch immer wieder mit der Mithilfe der Vorarlberger Bevölkerung und den Standschützen. Immer wieder führten sie die Franzosen hinter die feindlichen Linien, um die Wehrmacht zum Rückzug zu zwingen, sei es bei Bregenz oder durch die Rankweiler bei Götzis und Rankweil. Bludenz befreite sich durch einen Angriff auf die Kreisleitung und Verhandlungen mit der SS am 3. Mai faktisch selbst. In Höchst erreichten sie ebenfalls die Kapitulation eingekesselter Kampfverbände. Doch auch mehrere Vorarlberger starben, weil sie Brückensprengungen verhindern wollten oder weiße Fahnen hissten, wie ein Familienvater in Hohenweiler oder der Offizier Anton Lenz. Wen die SS für einen Deserteur oder Saboteur hielt, der wurde kurzerhand getötet. Immer wieder kamen auch Vorarlberger zwischen die Schusslinien. Doch auch der Schweizer Konsul Carl Blitz soll erwähnt werden, setzte er sich doch massiv für den Schutz von Bregenz und den Vorarlbergern ein.
Kampf um Vorarlberg
Verteidiger 8 Ersatzbataillone der Division 405 der XXIV Armee unter General Hans Schmidt. Hinzu kommen Einheiten der Waffen-SS, die Heimatgarnisonen Bregenz, Bludenz und Landeck wie die Standschützen der einzelnen Gemeinden. Laut “Festung Vorarlberg” rechnete man mit 8000-9000 Soldaten plus Standschützen. Geschütze waren kaum vorhanden.
Angreifer Eine Panzerdivision und die 1. Marokkanische Gebirgsjägerdivision der 1. Französischen Armee. Deren Sollstand waren 4000 Mann Gebirgsjäger und allein über 85 leichte Panzer und 160 Kampfpanzer des Typs Sherman und 54 Stück Panzerartillerie des Typs M7 Priest.
Dauer 30.4.-5.5.1945