Darum trifft die Coronakrise primär die Armen

Die sozialen Auswirkungen der Coronakrise werden zunehmend spürbar, sagt Caritas-Sozialarbeiterin Julia Caroline Mayer.
Feldkirch Die Not hat sich vervielfacht aufgrund der Coronavirus-Pandemie. Viele Menschen haben gar kein Einkommen mehr, weil sie den Job verloren haben. Andere sind in Kurzarbeit und verdienen weniger. Die Coronakrise hat auch so manchen Unternehmer in Not gestürzt, weil die Betriebe geschlossen gehalten werden mussten.
“Wir sind jetzt für mehr Menschen wichtig geworden, weil mehr Leute Unterstützung brauchen”, sagt Julia Caroline Mayer von der Caritas-Beratungsstelle Existenz & Wohnen in Feldkirch. Die Menschen, die sich bei der Sozialarbeiterin und ihren Kollegen melden, sind sehr verzweifelt. “Viele wissen nicht mehr, wie sie den Lebensunterhalt bestreiten, wie sie die Miete und Rechnungen bezahlen und den Kühlschrank füllen sollen.”

Zahl der Hilfesuchenden zugenommen
Die Zahl der Beratungen steige von Tag zu Tag an. Im Vorjahr haben in der Beratungsstelle Existenz & Wohnen insgesamt 2858 Frauen, Männer und Familien um Unterstützung angefragt, in 1051 Fällen wurde auch finanzielle Hilfe geleistet.
Die Beraterin rechnet damit, dass die Zahl der Hilfesuchenden in den kommenden Monaten um rund 50 Prozent ansteigt. “Wir von der Caritas erwarten jetzt durch Corona, dass rund 500 Haushalte in den kommenden Monaten eine zusätzliche Hilfe benötigen.“
“Die Coronakrise traf jene am meisten, die zuvor schon nicht viel hatten.”
Julia Caroline Mayer, Sozialarbeiterin bei der Caritas
Mayer musste in den vergangenen Wochen feststellen, dass die Coronakrise gerade jene am meisten traf, die zuvor schon nicht viel hatten, die Geringverdiener und schlecht Ausgebildeten. Das findet sie besonders tragisch. “Die Schere zwischen Arm und Reich klafft jetzt noch weiter auseinander.”
Wer sich an die Beratungsstelle wendet, wird über Fördermöglichkeiten informiert und bei Anträgen unterstützt. Oft dauert es eine Weile, bis die Unterstützungsmaßnahmen greifen. Deshalb werden auch finanzielle Überbrückungshilfen gewährt, um Menschen in Notsituationen aufzufangen und sie von massiven Existenzängsten zu befreien. Mayer ruft Betroffene auf, sich frühzeitig zu melden und Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Das verringert das Risiko, dass Problemlösungen schwieriger werden.“
Die junge Sozialarbeiterin freut es, “dass wir helfen können. Das ist ein gutes Gefühl.” Ihre Arbeit macht Sinn. “Jeden Abend weiß ich, dass ich etwas Sinnvolles getan habe, dass ich mitgeholfen habe, das Leben einiger Menschen zu verbessern.” Die Feldkircherin schätzt an ihrer Arbeit, “dass ich mitwirken kann die Welt zu einem schöneren Ort zu machen”. Sie liebt an ihrem Beruf aber auch, “dass man Beziehungen aufbauen kann”. Mayer ist nicht nur Beraterin, sondern betreut auch Klienten der Notschlafstelle und vier Familien. “Die Beziehungsarbeit macht mir besonders viel Freude.”
In Indien Armen helfen
Bereits als Kind träumte sie davon, Menschen in Not zu unterstützen. “Ich wollte als Entwicklungshelferin nach Indien gehen und armen Menschen helfen.” Ihre Mutter lebte ihr soziale Gesinnung vor. “Mama engagierte sich ehrenamtlich für alte und einsame Menschen.” Die Tochter tat es ihr gleich. “Als Jugendliche bin ich öfters mit alten Menschen spazieren gegangen. Das war sehr bereichernd für mich. Ich schätze den Blickwinkel, den alte Menschen aufs Leben haben. Sie sind gelassener und lassen sich weniger aus der Ruhe bringen.”
Nachdem Mayer schwanger geworden war, kam sie von dem Wunsch ab, Krankenschwester zu werden. “Ich interessierte mich für den Beruf des Sozialarbeiters. Sozialarbeiter sind nahe am Menschen dran. Die können zu Menschen eine Beziehung aufbauen.” Deshalb absolvierte die Mutter einer elfjährigen Tochter an der Fachhochschule den Studiengang “Soziale Arbeit”. 2018 schloss sie das Studium ab. Für die Caritas arbeitet Mayer seit acht Monaten.
Julia Caroline Mayer
geboren 16. März 1986 in Feldkirch
Wohnort Feldkirch
Familie in Partnerschaft, eine Tochter
Hobbys Garten, Yoga, Lesen