Rhesi-Projektleiter Markus Mähr begrüßt politischen Druck

Beim Hochwasserschutzprojekt wird jetzt in der Versuchshalle in Dornbirn der Ernstfall simuliert.
Schwarzach Markus Mähr (46), Leiter des Megaprojekts Rhein-Erholung-Sicherheit (Rhesi), spricht im vn.at-Interview über aktuelle Projektentwicklungen, Widerstände, Zeitplan, Staatsvertragsverhandlungen und den politischen Druck, dem er ausgesetzt ist. Es laufe alles nach Plan. Ins Verfahren könne man laut Mähr Ende 2021 bzw. Anfang 2022 gehen.
Wie ist der aktuelle Stand bei Rhesi?
Wir bereiten uns auf die Umweltverträglichkeitsprüfung, auf die Verfahren in der Schweiz und in Österreich vor. Wir sollten bis Ende 2021, spätestens Anfang 2022 so weit sein. Die Chancen, dass wir das bis dahin schaffen, stehen gut, auch wenn natürlich noch einige Hürden zu nehmen sind.
Was sind die größten Hürden?
Wir müssen noch einige vertraglichen Angelegenheiten regeln. Konkret: die Trinkwasserversorgung bei Widnau oder den Flächenabtausch bei der Frutz in Koblach. Dort geht es um landwirtschaftliche Gründe, die eins zu eins abgetauscht werden sollen.
Wie wichtig wäre ein unterschriebener Staatsvertrag für den Fortgang des Projekts?
Der wäre nicht nur wichtig, sondern ist die Voraussetzung für den Bau. Je früher der Staatsvertrag steht, desto stärker wird dadurch das Projekt unterstützt. Es gibt noch keinen vorgesehenen Zeitpunkt für die Unterschriften. Derzeit finden noch Abklärungen auf beiden Seiten des Rheins statt, die Verhandlungsgruppen werden zusammengestellt.
Welche Widerstände gegen Rhesi sind eher dafür geeignet, das Projekt zu verzögern: jene der Naturschützer oder jene der Gegner einer Dammabrückung in Koblach?
Grundsätzlich möchte ich festhalten, dass die Widerstände von beiden Seiten absolut legitim sind. Wir versuchen, bei der Projektentwicklung alle Interessen einfließen zu lassen. Politisch haben beide Gruppen denselben Stellenwert. Im Verfahren hat eine Organisation wie der WWF jedoch mehr Erfahrung und könnte eher eine Verzögerung hervorrufen.
Ist der geplante Verfahrensstart noch haltbar?
Ja. Und zwar deswegen, weil wir davon ausgehen, dass die Beeinspruchungen im Verfahren behandelt werden.
In Koblach wird Rhesi wohl Wahlkampfthema. Was, wenn sich die Gemeinde letztlich einer Kooperation mit den Projektverantwortlichen verweigern sollte?
Wir gehen davon aus, dass die Gemeinde dem Flächenabtausch zustimmen wird. Eine Zustimmung von Koblach zum Projekt selbst braucht es formal nicht, wäre für uns aber absolut wünschenswert. Wir haben ja bereits einen umfangreichen Fragenkatalog abgearbeitet und auch beim Flächenabtausch die beste Lösung gefunden. Der Rhein kann trotzdem die geforderte Breite erreichen.
Hat Sie der gemeinsame Protest der Naturschützer aus Vorarlberg und der Ostschweiz überrascht?
Wir sind mit den Umweltorganisationen regelmäßig in Kontakt. Insofern wussten wir, dass ihnen die Aufweitungen zu gering und die Abstände der Trittsteine zu groß sind. Wir waren von diesem Widerstand also nicht wirklich überrascht.
“Der Protest der Umweltorganisationen hat uns nicht überrascht.”
Markus Mähr, Rhesi-Projektleiter
Sind Sie mit den Naturschützern aktuell im Gespräch?
Wir sind mit ihnen natürlich im Gespräch. In der Detailplanung lassen wir ihre Ideen einfließen, so gut es im Rahmen des vorliegenden Projektes möglich ist. Dasselbe gilt aber auch für die Vertreter der Landwirtschaft, der Kommunen und den Trinkwasserverbänden. Auch mit den Dammabrückungsgegnern werden wir wieder reden.
Der Modellversuch in der Dornbirner Versuchshalle geht in eine spannende Phase. Es wurde dort schon am geplanten Modell experimentiert. Gibt es bereits Ergebnisse?
Wir haben im Modell schon Hochwasser simuliert und dabei gesehen, dass die Kiesstrukturen und Kiesbänke so entstehen, wie wir das in unseren Berechnungen prognostiziert hatten. Das ist erfreulich. Der nächste Schritt wird sein, herauszufinden, wie tief die sogenannten Kolken sind. Das sind Eintiefungen, die der Fluss mit der Strömung schafft. Wenn möglich, wollen wir das Modell wieder für angemeldete Führungen zugänglich machen.
Ist das Problem mit den Trinkwasserbrunnen bei Widnau endlich gelöst?
Endgültig noch nicht. Aber wir sind schon sehr weit. Das Wasserwerk Mittelrheintal ist gerade damit beschäftigt, die Voraussetzungen für die Planung zu schaffen. Spätestens vor Beginn des Verfahrens sollte diese Frage endgültig geklärt sein.
Wie stark spüren Sie den politischen Druck, dass unbedingt etwas vorwärts gehen sollte?
Der eigene Wunsch, das Projekt voranzubringen, ist so stark, dass ich den vorhandenen politischen Druck als Unterstützung empfinde.