Darum hat Greta 100 Gartenzwerge

Greta (83) liebt nicht nur ihre Familie, sondern auch ihre Kobolde. “Ich bin ein Kind geblieben”, sagt sie über sich selbst.
Bartholomäberg Greta (83) musste früh erwachsen werden. Bereits als Kind half die Tochter eines Bergbauern aus Bartholomäberg zuhause fest mit. Im Stall und beim Heuen wurde jede Hand gebraucht. Manchmal schlich sich das Mädchen aber zum Spielen davon. Im Wald entdeckte das Kind Dinge, die seine Fantasie anregten und mit denen es spielen konnte: Tannenzapfen, Steine, Zweige, Äste, Blumen, verlassene Schneckenhäuser. „Ich habe ein Waldhäuschen gebaut und es einmal meinem Lehrer gezeigt. Der fand es wunderschön“, erinnert sich Greta lächelnd.
Weil ihre Eltern als Bergbauern ein karges Dasein fristeten, konnten sie ihren 13 Kindern kein richtiges Spielzeug kaufen. Dabei hätte sich Greta so sehr eine Puppe gewünscht. Das Weihnachtsfest 1949 bleibt ihr ewig in Erinnerung. Damals lag unter dem Christbaum tatsächlich eine Puppe. Aber die war für ihre jüngere Schwester Rosmarie bestimmt. „Ich habe sie an mich genommen und sie nicht mehr aus der Hand gegeben. Zu meinen Eltern habe ich gesagt: ,Die gehört mir. Rosmarie mag gar keine Puppen.‘“ Ihre Schwester überließ sie ihr dann auch gnädig mit den Worten: „Jetzt hast du endlich deine Puppe.“ Diese bedeutete Greta sehr viel. „Ich habe sie mit Weihwasser auf den Namen Brigitte getauft. Dann habe ich für sie Kleider gehäkelt, gestrickt und genäht.“ Der Teenager spielte jede freie Minute mit der Puppe. Greta hatte jetzt ein „Kind“, das sie hegen und pflegen konnte. Und das war es, was sie immer wollte. Am liebsten wäre sie Kinderdorfmutter geworden. Denn: „Ich wollte Kinder zum Spielen.“
Eine Vollblutmama
Aber dann lernte sie Karl kennen, ihren zukünftigen Mann. Von ihm bekam sie sechs Kinder. Greta wurde zu einer Vollblutmama, die ihre Kinder wie einen Augapfel hütete und stundenlang mit ihnen spielte. Die vielen Puppen, die die Montafonerin im Lauf der Jahre ihren Kindern geschenkt hat, bewahrte sie auf und verwahrte sie wie ein kostbares Gut in den Schränken, als ihre Kinder erwachsen waren.
Der Nachwuchs war groß, aber Gretas Hang zum Spiel blieb. Als ihre Tochter 1991 heiratete und ihr Sohn den Weg zu einer Hütte mit Zwergen säumte, bahnte sich für Greta eine neue Spiel-Ära an. „Nach der Hochzeit habe ich die Zwerge in meinen Garten gestellt.“ Eine Nachbarin sah die kleinen Männchen mit Bart und Zipfelmütze und schenkte ihr ein weiteres. So kam eins ums andere dazu. Heute ist Greta stolze Besitzerin von rund 100 Wichtelmännchen. Jedem gab sie einen Namen. „Es gibt keines, das ich nicht beim Namen nennen kann.“ Ein paar der kleinen Kerle heißen Karl. „Die Fleißigen habe ich so genannt.“ Auch ihr verstorbener Mann hieß Karl, ebenso ihr erstgeborenes Kind, das wenige Wochen nach der Geburt an einer Lungenentzündung starb.
“Im Himmel darf ich die Engel putzen und die Sterne polieren, damit sie schöner leuchten.”
Um die Zwerge kümmert sich Greta so gut wie sie sich um ihre Kinder gekümmert hat. „Ich wasche, bade und poliere sie.“ Damit die kleinen Wesen nicht frieren müssen, stellt sie sie erst ins Freie, wenn im Mai die Eismänner vorbei sind. Spätestens an Allerheiligen holt sie ihre Kobolde ins warme Haus. Greta findet, dass Zwerge in den Wald gehören. Deshalb hat sie mit ihrem Sohn Raimund mehrere Wichtelmänner in einem Waldstück nahe ihres Maisäß in Bartholomäberg aufgestellt. Nach dem Kirchgang wird sie öfters darauf angesprochen. „Es freut mich, wenn jemand sagt, dass er im Zwergenwald war.“
Die 83-Jährige hängt an ihren Zwergen und am Leben. Ihr ist aber bewusst, dass der Tod immer näher rückt und sie einmal alles loslassen muss. „Ich möchte, dass man meine Asche einmal in einen Zwerg gibt“, hat sie sich schon Gedanken über ihr Ableben gemacht. Die tiefgläubige Katholikin geht davon aus, dass sie in den Himmel kommt: „Ich bin sicher, dass ich dort die Engel putzen und die Sterne polieren darf, damit sie schöner leuchten.“