Bezirksgericht: Als der Nachbar mit der Bombe drohte

Vorarlberg / 24.07.2020 • 19:30 Uhr
Bezirksgericht: Als der Nachbar mit der Bombe drohte
Das angebliche Opfer behauptete, vom Angeklagten mit Faustschlägen und Fußtritten malträtiert worden zu sein. Symbol/VN

„Lärm“ vom Anstupsen eines Lichtschalters im Hausgang brachte Nachbarn auf die Palme.

Bregenz Der 26-Jährige sitzt im Bezirksgericht Bregenz und will es nicht begreifen. Um nichts in der Welt kann er verstehen, warum ausgerechnet er hier auf der Anklagebank sitzt. Schließlich liege die Schuld an jener Auseinandersetzung doch nur an seinem Kontrahenten, dem Nachbarn mit dem „Psycho-Blick“, den er namentlich als „Osama“ bezeichnet. Das will der Beschuldigte Richter Christian Röthlin auf vehemente Weise erklären. Doch worum geht es?

Es geschah in einer Wohnanlage im Vorarlberger Unterland. Eines Nachts hätte sein Nachbar mit der Faust auf seine Türe gehämmert, schildert der Beschuldigte. Wutentbrannt hätte er ihn aufgefordert, nicht andauernd den Lichtschalter im Hausgang ein- und auszuschalten. Schon allein das Geräusch störe und nerve.

Mit Füßen getreten

„Du spielen mit Strom, schrie er mich an“, erzählt der Angeklagte und fügt gegenüber dem Richter hinzu: „Erstens spiele ich nicht mit dem Lichtschalter und schon gar nicht mit Strom. Ich bin doch kein kleines Kind. Aber ich sage Ihnen, dieser Typ ist ein kranker Psycho, nicht normal und besessen!“

Nun wirft die Anklage dem 26-Jährigen vor, „Osama“ daraufhin geschlagen, mit den Füßen getreten und verletzt zu haben. „Das ist unmöglich!“ entgegnet der Beschuldigte und: „Die Verletzungen hat sich dieser Verrückte selbst zugefügt! Ich habe ihn nur geschupft. Und außerdem riskiere ich nicht, wegen so etwas noch einmal zehn Jahre auf die österreichische Staatsbürgerschaft warten zu müssen.“

Ein Geschenk

Außerdem sei da noch was anderes gewesen, fügt der Angeklagte hinzu. Etwas Ungeheuerliches. „Osama sagte mir, er hätte ein Geschenk für mich. Und wissen sie was für eines? Er sagte, er schenke mir und meinen Eltern eine Bombe!“, behauptet der Angeklagte.

Nun wird der einstige Kontrahent vom Richter als Zeuge und angebliches Opfer vernommen. Er wirkt etwas verstört. „Ich bin arbeitslos und wohne derzeit auf der Straße“, sagt er. Aber er bleibt dabei: „Der Angeklagte hat mich geschlagen und verletzt, ich hatte drei Wochen Schmerzen.“

Ein weiterer Zeuge – es ist der Vermieter – springt für den Beschuldigten in die Bresche: „Ich habe damals nichts von einer Attacke bemerkt.“

Freispruch im Zweifel

Richter Röthlin spricht den Angeklagten in „dubio pro reo“ frei. Alles ist zu widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Der 26-Jährige bedankt sich mit den Worten: „Zum Glück haben Sie mir geglaubt . . .“.