Letzter Akt in der ­Mission Tiefenrausch

Vorarlberg / 28.08.2020 • 09:32 Uhr
Sepp und Michaela Möth im Tiefenrausch. Vom Rotwein gibt es 1299 Flaschen. <span class="copyright">VN/Steurer</span>
Sepp und Michaela Möth im Tiefenrausch. Vom Rotwein gibt es 1299 Flaschen. VN/Steurer

Am Wochenende wird das letzte Weinfass aus dem See geholt.

Bregenz Sepp Möth (45) ist seit knapp zwei Jahren im Tiefenrausch. Im Herbst 2018 wurde die Idee geboren, Mitte Mai 2019 war es schließlich soweit. Der Bregenzer Winzer ließ zwei Edelstahltanks mit je 1000 Liter Weiß- bzw. Rotwein im Bodensee versenken. Der erste wurde am 3. Juli nach 417 Tagen wieder an die Oberfläche geholt. Morgen, Samstag, soll der vorläufig letzte Akt der Mission über die Bühne gehen.

Eigentlich hätte zunächst der Chardonnay geborgen werden sollen. Da die beiden Tanks aufgrund der schlechten Sicht in knapp 60 Meter Tiefe nicht zu unterscheiden waren, hing am Ende der rote Cuveé am Bergeseil. Eine Verwechslung ist diesmal ausgeschlossen. Dennoch soll einiges anders ablaufen.

Das erste Fass wurde mit Hebeballons geborgen. Diesmal kommt ein Kran zum Einsatz. <span class="copyright">VN/ger</span>
Das erste Fass wurde mit Hebeballons geborgen. Diesmal kommt ein Kran zum Einsatz. VN/ger

Kranschiff

„Beim letzten Mal ist einer der Taucher an seine Belastungsgrenze gestoßen. Wir haben die Sicherheitsvorkehrungen daher noch einmal erhöht“, erläutert Möth. Zum einen gehen die Taucher mit einem Scooter runter. Zum anderen wird das Fass nicht mit Hebeballons, sondern mit einem Kranschiff aus der Tiefe gezogen. „Wenn wir es finden“, merkt der Winzer mit einem Schmunzeln an. Hintergrund: Bei der ersten Bergung wurden die Taucher erst beim dritten Tauchgang fündig. „Wir durften an den Tanks keine Bojen anbringen. Unter Wasser funktio­niert auch kein Funk oder GPS. Es geht nur Sonar“, erläutert der 45-Jährige.

Doch haben die Bedingungen in 60 Metern Tiefe eine Auswirkung auf die Qualität und den Geschmack des Weins? Das Ergebnis einer Vergleichsverkostung zwischen einer Probe des Originalweins, die bei Bodenseetemperatur in einem Kühlraum in Klosterneuburg gelagert wurde, und dem Bodenseewein fiel zumindest recht eindeutig aus. „Von 15 Verkostern haben neun einen Unterschied festgestellt. Der Seewein wurde mehrheitlich bevorzugt. Er hat mehr dunkle Beerenaromatik im Vergleich zu Holz, Eukalyptus und Minze“, vermeldete Robert Steidl, ehemaliger Leiter des Instituts für Weinbau in Klosterneuburg und wissenschaftlicher Leiter des Projekts „Tiefenrausch“ unlängst. Die chemische Analyse wurde für September anberaumt.

Der Rotwein ist mittlerweile abgefüllt. Insgesamt kommen davon 1299 Flaschen auf den Markt. „Die Nachfrage ist extrem. Es sind jetzt schon 600 Flaschen vorbestellt. Das Wahnsinnige ist, dass derzeit fast alles ins Ausland geht“, berichtet Sepp Möth.

Die Tanks lagerten in knapp 60 Meter Tiefe. <span class="copyright">Möth</span>
Die Tanks lagerten in knapp 60 Meter Tiefe. Möth

101 Euro

Der Preis ist heiß. Eine Flasche kostet 101 Euro. Möth verweist auf das Alleinstellungsmerkmal: „Wie es aussieht, wird es so ein Projekt nie wieder geben, weil der Bodensee nicht zu Kommerzialisierungszwecken herangezogen werden darf. Außerdem hat es das weltweit noch nie gegeben, dass Wein auf dieser Tiefe und so lange kontrolliert ausgebaut wurde. Das heißt, das Produkt ist so rar wie Mondgestein nur schmeckt es besser.“ Seen gibt es in Vorarlberg allerdings noch mehr. Möth hat auch schon eine Idee. „Mir schwebt ein bisschen im Kopf umher, dass wir einmal auf einen Stausee ausweichen könnten, aber da müssen wir noch sehr intensive Gespräche mit den Illwerken führen.“ Derweil soll der Weißwein wohlbehalten aus dem See geholt werden. Noch immer besteht das Restrisiko, dass er verwässert wurde. Auch das Wetter könnte dem Team noch einen Strich durch die Rechnung machen.