Wanderer Christoph Metzler begegnete dem Sein

Vorarlberg / 06.10.2020 • 12:00 Uhr
Wanderer Christoph Metzler begegnete dem Sein
Die Schönheit der Natur versetzte Christoph Metzler einige Male in Euphorie. ARCHIV

Christoph Metzler (19) umwanderte im September Vorarlberg. Er lernte nicht nur sein Heimatland und interessante Leute kennen, sondern auch das Sein.

Klaus Nach der Ausbildung zum technischen Zeichner absolvierte Christoph Metzler den Zivildienst am Sunnahof Tufers. Der Bio-Bauernhof der Lebenshilfe bietet zahlreichen gehandicapten Menschen eine Beschäftigung. Die Arbeit mit Menschen gefiel dem technischen Zeichner. „Ich bin vom Büro ins pralle Leben gekommen. Das hat mein Herz geöffnet und mich in einen extrovertierten Menschen verwandelt.“ Christoph lernte viel von den Menschen vom Sunnahof. „Jeder kann dir etwas mitgeben, wenn er dir aus seinem Leben erzählt.“ Der junge Mann erkannte, „dass Menschen dich mehr verändern als die Umwelt“.

Nach dem Zivildienst wollte der 19-jährige Klauser etwas machen, „was ein Erlebnis ist und ich nie mehr vergesse“. Er entschloss sich, Vorarlberg zu umwandern, also „min Weag“ zu gehen, den Vorarlberg-Rundwanderweg. „Ich wollte weg und Vorarlberg kennenlernen.“

Am 1. September marschierte er von Bregenz aus los. 400 Kilometer lagen vor ihm. Es galt 23.000 Höhenmeter zu bewältigen. Am Anfang fühlte es sich für ihn an, “als ob ich ins Ungewisse gehen würde”. Angst und Regen begleiteten ihn auf den ersten Kilometern. “Als zu Mittag die Sonne rauskam, war ich super glücklich.” Das Wetter war auf seiner Seite. “Es war grandios. Es gab nur zwei Nebeltage.”

“Ich fragte mich, wie man das Leben leben soll und was wirklich zählt im Leben.”

Christoph Metzler, Wanderer

Bis Lech wanderte er allein über die Berge. Das machte etwas mit ihm. “Die alten Gedanken blieben daheim, neue kamen.” Jetzt beschäftigte ihn seine berufliche Zukunft. “Ich erkannte, dass ich Menschen helfen will und ein helfender Beruf das Richtige für mich ist.” Aber dem jungen Mann kamen noch tiefsinnigere Gedanken. “Ich fragte mich, wie man das Leben leben soll und was wirklich zählt im Leben.” Er kam zu folgender Erkenntnis: “Man sollte das, was man hat, schätzen und dafür dankbar sein.” Während der Wanderung ging ihm zum Beispiel auf, wie viel seine Eltern schon für ihn getan haben und wie wertvoll die Zeit mit der Familie ist. “Das ist mehr wert als ein neues Auto.”

Mit jedem Kilometer, den er ging, wurde er dankbarer. “Mir wurde klar, dass es nicht selbstverständlich ist, dass ich diesen Weg gehen kann.” Immer wieder legte er Pausen ein, um die Schönheit der Natur auf sich wirken zu lassen. “Es gibt so viele schöne Gegenden in Vorarlberg. Eigentlich hätte ich jede Viertelstunde stehenbleiben müssen.”

Die Sorgen blieben im Tal

Auf Berggipfeln machte er bevorzugt Rast. Denn: “Oben hatte ich keine Gedanken und keine Sorgen. Ich bewunderte die Aussicht und genoss die Stille. Meistens bin ich dann gleich eingeschlafen.” Sein Nachtlager schlug er einige Male mitten in der Natur auf. “Ich habe mein Zelt aufgestellt und mich in den Schlafsack gekuschelt.” Oft übernachtete er aber auch auf Hütten. Seinen Reiseproviant kaufte er in Lebensmittelgeschäften. Fand er keinen Supermarkt, ernährte er sich von Müsli-Riegeln. Manchmal kehrte er in Gasthäuser ein. “Dann habe ich mir Kässpätzle bestellt.”

Christoph Metzler nach der 22-tägigen Wanderung: Zufrieden und stolz blickt er in die Kamera.
Christoph Metzler nach der 22-tägigen Wanderung: Zufrieden und stolz blickt er in die Kamera.

In Lech lernte Christoph ein paar junge Menschen kennen, die ebenfalls “min Weag” gingen. “Wir haben uns zusammengetan und gingen ein Stück des Wegs gemeinsam. Das war unterhaltsam und motivierend.”

Nach 22 Tagen erreichte der Wanderer Bregenz, den Ausgangs- und Endpunkt des Wegs. Als er zu Hause in den Spiegel schaute, musste er grinsen. “Ich realisierte, dass ich es geschafft und mich verändert hatte, weil ich das Sein kennengelernt habe.”

Das nächste Abenteuer wartet bereits auf ihn. Im Februar reist er nach Dänemark, um auf einem Selbstversorger-Bauernhof ein freiwilliges soziales Jahr zu absolvieren.

Christoph Metzler

geboren 28. März 2001 in Hohenems

Wohnort Klaus

Familie ledig

Ausbildung technischer Zeichner

Hobbys Bouldern, Schallplatten sammeln