Die Störche sind Überlebenskünstler

In kalten schneereichen Wintern haben die bei uns ansässigen stolzen Vögel ihre eigenen Strategien.
LUSTENAU Dieser Winter ist hart. Große Mengen Schnee, Frost, unwirtliche Verhältnisse. Kein Wunder, dass viele Wildtiere unter diesen Bedingungen leiden. Greifvögeln droht der Hungertod, ebenso dem Wild in den tiefverschneiten Wäldern.
Auch für die bei uns überwinternden Störche ist die Zeit schwierig, „aber ein kalter, verregneter Frühling trifft sie noch härter“, weiß Walter Niederer (49), Geschäftsführer des Naturschutzvereins Rheindelta und vor rund 20 Jahren Mitbegründer des Storchenprojekts im Rheintal. „Ein Kälterückfall mit Nässe lässt im Frühling die Jungen sterben.“
Dem Winter davonfliegen
Der Vorteil der Störche jetzt: Sie können dem Winter davonfliegen. „Im Jänner bei der Vogelzählung registrierten wir 180 Tiere, jetzt sind es nur noch 100“, berichtet Niederer. Einige von diesen dürften sich via Schweiz und Frankreich Richtung Spanien aufgemacht haben, um dort den bei uns herrschenden winterlichen Verhältnissen zu entfliehen.
Was dem Storchenexperten auffiel: An der Schlafstelle in der Fußacher Bucht sind die langbeinigen Großvögel auf einmal verschwunden. „Sie haben sich andere Plätze ausgesucht, können aber jederzeit wieder dorthin zurückkehren. Die Flachwasserzone am See ist für die Störche im tiefen Winter ein sicherer Ort, schützt sie unter anderem vor Füchsen.“
Nicht menschenscheu
Was den Störchen in klimatisch harten Zeiten sehr zugute kommt: Sie sind nicht nicht menschenscheu und finden deshalb auch eher Nahrung. Gerne halten sie sich etwa beim Abfallverwerter Loacker auf und finden dort Fressbares. „Besonders wenn‘s dort ruhig wird und die Arbeiter in den Feierabend gehen, kommen die Störche“, weiß Niederer. Im Gegensatz etwa zu Mäusebussarden, die bei geschlossener Schneedecke keine Mäuse finden, halten sich die Störche am Boden auf und stochern geduldig nach Nahrung.
Weg von den Strommasten
Zu einem Ärgernis für die Menschen wird Meister Adebar unabhängig von der Jahreszeit mit seinem Niederlassungsverhalten. Gerne nistet er sich nämlich auf Strommasten ein. „Das kann zu Problemen führen. Deswegen wird versucht, durch die Anbringung spitzer Gegenstände die Störche von den Masten fernzuhalten“, erzählt Niederer.
Dass viele Störche bei uns ihr Zugverhalten abgelegt haben und hier überwintern, wird zwiespältig gesehen. Immer mehr Vögel verbringen den Winter in Vorarlberg, statt in den Süden zu ziehen. Walter Niederer will die Störche nicht noch mehr vom natürlichen Verhalten abdriften sehen. Deswegen ist er selbst in harten Wintern gegen eine allfällige Fütterung der Tiere. „Die Störche haben das Rüstzeug, um mit schwierigen Situationen zurechtzukommen. Dass es vielleicht nicht alle schaffen, ist halt Natur.“
„Anfang Jänner nach der Vogelzählung registrierten wir 180 Störche, jetzt nur noch 100.“
