„Jedes Bild ist Interpretation“

Künstler aus dem Bezirk Feldkirch: Lisa Althaus (68).
Klaus Seit sie als Mädchen in die Welt der Kinderbücher eingetaucht ist, wollte sie Illustratorin werden. Nach einem Jahr an der Universität für angewandte Kunst in Wien zerstritt sie sich mit ihrem Professor und wechselte nach München an die Akademie der bildenden Künste. Damals, während ihrer Ausbildung, wurde in Westdeutschland allerdings nur abstrakte Kunst anerkannt. Figurales machte man ausschließlich in der DDR, in München war das verpönt. Illustration war deshalb die einzige Möglichkeit für Lisa Althaus. Erst nach dem Fall der Mauer ist deutschlandweit wieder figural gemalt worden. Um so mehr freut es die in Vorarlberg geborene und in Klaus lebende Künstlerin, dass heute in der Kunst wieder alle Möglichkeiten zur Verfügung stehen. „Ich finde es schön, dass es in der Kunst keine Tabus mehr gibt und dass man alle Bildsprachen wieder verwenden kann. Das hat sehr viel mit dem Revival der Illustration zu tun“, erklärt Althaus.
Vielseitigkeit und Weiterbildung
Nicht nur die Kunst, auch Althaus selbst hat sich stets weiterentwickelt. Sich auf Erfolgen auszuruhen ist nicht Ihres. Die 68-Jährige zeichnet mit Feder, Kohle, Kreide, jeder Art von Stiften und mit Asphaltlack, weil dieser so eine dreckige Wirkung habe. Sie nutzt gern sämtliche Techniken und zeichnet auf historischem Papier. Dazu sammelt sie sogar alte Bücher – auch wenn es sich, wie Althaus sagt, schwierig gestaltet, altes, unbeschriebenes Papier zu bekommen. Für die Künstlerin ist es eine „rein optische Angelegenheit“, denn altes Papier wirke viel lebendiger als neues, weißes.
Lisa Althaus malt auch in Öl und Acryl, kreiert Objekte und hat momentan eine besondere Vorliebe für Collagen. Schon vor der Corona-Pandemie hat sie sich mit digitaler Kunst weitergebildet und Animationen gemacht. „Das ist eine Erweiterung, es geht mir darum, das Format zu vergrößern. Eine Zeichnung mit Rohrfeder bekommt dadurch viel mehr Kraft“, so Althaus und weiter: „Eine Zeichnung ist statisch – sobald man sie animiert, ist sie viel flexibler.“

Großen Spaß macht ihr immer wieder das Illustrieren von Kinderbüchern. „Ich habe unzählige Kinderbücher illustriert, es ist nichts Künstlerisches, aber es ist der allerschönste Brotberuf.“
Paraphrasen als Neuinterpretation
Als „pathetisch und inszeniert“ empfand Althaus die historischen Ölportraits. Sie wollte deshalb wissen, wie die alten Meister gearbeitet haben, „kopierte“ diese, indem sie Bildanalysen machte und die Gesichter comicartig verfremdete. Die Künstlerin schöpfte sozusagen aus dem Vollen der europäischen Kunst. Ihre Serie „Paraphrasen“ entstand aus Bildanalysen von Leonardo da Vinci, Angelika Kauffmann, Caravaggio, Frida Kahlo und vielen anderen mehr.

Bei ihren Bildanalysen vorhandener klassischer Portraits wollte sie keineswegs ein erkennbares Gesicht gestalten. „Ich hätte die Paraphrasen unendlich weitermachen können, ich konnte sie ja gut verkaufen. Es ist aber besser, wenn man auf dem Kunstmarkt nicht mit einer bestimmten Art und Weise vertreten ist, die dann immer wieder nachgefragt wird.“
Paradigmenwechsel
Wenn das Visuelle mit dem Inhaltlichen übereinstimmt, kann es – so die Meinung von Althaus – Kunst sein, denn der erste Eindruck ist „emotional und sollte visuell überzeugen“. „Ich muss gestehen, ich habe Probleme mit Konzeptkunst. Jede Art von bildnerischer Arbeit hat eine immanente Logik. Die erreicht man nicht, wenn man ein sprachliches Konzept macht und behauptet, dass es das jetzt bedeutet“, führt Althaus aus. Man müsse dem Betrachter des Bildes einen Zugang bieten als Künstler, sonst funktioniere die Kommunikation nicht. Die Künstlerin denkt, dass es bald wieder eine Rückkehr zur Malerei und zur Zeichnung in der Kunst geben wird. „Nach Corona wird es einen Paradigmenwechsel in der Kunst geben. Kunst wird klassisch und Konzeptkunst mit Provokation wird kaum mehr stattfinden“, prognostiziert die Künstlerin. YAS