Was der Lockdown an Spuren bei Schülern hinterlässt

Vorarlberg / 18.02.2021 • 18:00 Uhr
Was der Lockdown an Spuren bei Schülern hinterlässt
Caroline Galler noch vor der Coronakrise mit ihrer Deutschförderklasse. “Diesen Kindern fehlt die Schule am meisten.” VN/LERCH

Je nach sozialen Verhältnissen und Alter haben die Jugendlichen die Schulverbannung unterschiedlich verkraftet.

Schwarzach Die Schule hat sie wieder, die rund 50.000 Schülerinnen und Schüler in Vorarlberg mit ihren Pädagagogen. Die ersten vier Tage regulären Unterrichts des Jahres 2021 liegen hinter ihnen. Lehrer ziehen eine erste Bilanz darüber, wie sich die wochenlange Verbannung vom Präsenzunterricht auf ihre Schützling ausgewirkt hat.

Computer verkauft

“Die sozialen Unterschiede wurden in dieser Zeit so deutlich wie nie”, sagt Christoph Wund (57), Direktor an der Volksschule Lustenau. “Es gab Kinder, die wurden von ihren Eltern gefördert und gefordert, haben diese Zeit gut überstanden. Aber da gab es eben auch das Gegenteil. Eltern, die in Nachtschichten arbeiten, keine Zeit für ihre Kinder haben. Am Tag mussten sie schlafen, die Kinder waren auf sich allein gestellt. Einige haben sogar die ihnen bereitgestellten Computer verkauft”, berichtet der Schulleiter.

Die Schülerinnen und Schüler der Lehrerin Evi Hagen (45) blieben von negativen Folgeerscheinungen des Lockdowns großteils verschont. “Wir haben die Zeit der offiziellen Schulschließung gemeinsam mit Eltern und Schülern recht gut gemeistert. In der Schule machten wir eine Arbeitsteilung. Eine von uns Lehrerinnen war in der Betreuung tätig, eine andere kümmerte sich online um Eltern und Schüler. Aber natürlich ist das Lernen ausschließlich mit Arbeitsblättern nicht das Gleiche wie das Lernen und Unterrichten in der Schule”, berichtet Hagen. “Am ersten Tag des Wiedersehens ließen wir die Kinder erstmal nur ausführlich einander erzählen. Sie hatten sich viel zu erzählen.”

Die Kinder haben als Gemeinschaft einiges aufzuholen. Das weiß Volksschullehrerin Evi Hagen genau. <span class="copyright">Hagen</span>
Die Kinder haben als Gemeinschaft einiges aufzuholen. Das weiß Volksschullehrerin Evi Hagen genau. Hagen

Sprachprobleme

Hagens Kollegin Caroline Galler (33) von der VS Hohenems-Markt verweist ebenfalls auf die Defizite des sozialen Lernens in der Zeit der Schulschließung. “Ich habe gleich gemerkt, mit welchem Kind man sich zu Hause mehr, mit welchem weniger beschäftigt hat. Ich denke, zur Ausgleichung von Defiziten sind die gewährten Förderstunden hilfreich.” Als ehemalige Lehrerin in einer Deutsch-Förderklasse weiß Galler vom ersten Lockdown, wie negativ sich dieser auf Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache ausgewirkt hat. “Die sind damals in ihrer sprachlichen Entwicklung steckengeblieben. Zu Hause hat ja niemand mit ihnen Deutsch gesprochen.”

“Ich habe gleich gemerkt, wie man sich zu Hause mit den Kindern beschäftigt hat.”

Caroline Galler, VS-Lehrerin

Arme Fünftklässler

AHS-Lehrer Freddy Witwer (43) hat am BG Bludenz vor allem mit den Folgen des außergewöhnlich langen Lockdowns für Oberstufenschüler zu kämpfen. “Ich musste feststellen, dass speziell Fünftklässler, die sich ja als neue Klasse erst zusammenfinden müssen, besonders darunter gelitten haben”, berichtet der Mathematiklehrer. Positiv sei die enge Partnerschaft von Lehrern, Eltern und Schülern gewesen. “Das hat es in dieser Form noch nie gegeben. Wie wir leistungsmäßig dastehen, werden jedoch erst die kommenden Schularbeiten und Tests zeigen.”

AHS-Lehrer Freddy Witwer weiß um die Probleme der Fünftklässler nach den langen Wochen der Schulverbannung. <span class="copyright">VN/Stiplovsek</span>
AHS-Lehrer Freddy Witwer weiß um die Probleme der Fünftklässler nach den langen Wochen der Schulverbannung. VN/Stiplovsek

Stichwort Förderstunden: Zwei pro Klasse und Woche sind vom Ministerium zugesagt. Freigegeben wurden die Mittel dafür noch nicht. Und an vielen Schulen fehlen die personelle Ressourcen, um diese Stunden in Anspruch zu nehmen.